Blütenzauber für Naschkatzen

Lübeck (dpa) - Früher entwarf Angela Evers Couture, heute liefert sie die Krönung für feines Konfekt: Kandierte echte Blüten der Lübeckerin erobern den Feinkosthandel und die Küchen von Sterne-Restaurants.

Sie veredeln Süßspeisen, schmücken Torten und und krönen Pralinen: Kandierte Blüten aus der Werkstatt von Angela Evers sind kleine Kunstwerke, die eigentlich zum Aufessen viel zu schade sind. Doch Chefköche, Chocolatiers und Feinkosthändler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz reißen sich mittlerweile um Blüten und Kräuter, die Evers in ihrer kleinen Manufaktur in der Lübecker Altstadt mit Zucker und einer geheimen Tinktur konserviert hat. Dank dieser Behandlung behalten die Blüten ihre Farben, Duft und Aroma werden bewahrt.

20 Jahre lang war Angela Evers selbstständige Modedesignerin. Als ihre Tochter in ihre Fußstapfen trat, hielt die Mutter den Zeitpunkt für gekommen, noch mal ganz was anderes anzufangen. „Ich habe zunächst Pralinen hergestellt, Walnusskugeln nach einem alten Familienrezept. Zu Weihnachten lief das Geschäft gut, danach war plötzlich Schluss“, berichtet die heute 53-Jährige. Weil damals essbare Blüten gerade groß in Mode waren, sei dann nach einigem Überlegen die Idee entstanden, diese Blüten durch Kandieren haltbar zu machen.

„Ich habe Monaten lang experimentiert, bis ich herausgefunden hatte, welche Blüten, welcher Zucker sich am besten eignen. Auch für die Tinktur, mit der die Blüten eingepinselt werden, um ihnen Wasser zu entziehen und Stabilität zu geben, musste ich lange herumprobieren“, sagt Evers. „Mir war von Anfang an klar, dass ich besser sein musste, als die Mitbewerber, um Erfolg zu haben“, sagt sie. Gut sechs Monate und unzählige Blüten aus dem eigenen Garten später war es so weit. Mit einer blauen Box voller Cellophantütchen mit kandierten Blüten besuchte sie Feinkosthändler in Hamburg, die begeistert zugriffen. „Heute begrüßen mich Sterneköche wie eine alte Freundin, wenn ich mit meinen Blüten komme“, erzählt sie strahlend.

Mittlerweile könne sie von dem Geschäft mit den Blüten leben, sagt Evers stolz. „Doch das bedeutet auch viel Arbeit und mitunter macht einem die Natur einen Strich durch die Rechnung. Ein Platzregen oder Hagelschauer kann die Blüten im Handumdrehen vernichten, deshalb hört mein Vater ständig den Wetterbericht. Wir sind schon mal mitten in der Nacht in den Garten gestürzt, um Rosenblüten zu schneiden, weil Starkregen angekündigt wurde“, erinnert sie sich.

Doch wenn sie dann in ihrem Arbeitsraum sitzt, vor sich Väschen voller Hornveilchen und Gänseblümchen, ist sie die Ruhe selbst. Jede einzelne Blüte fasst sie vorsichtig am Stängel, bepinselt sie rundum mit ihrer geheimen Tinktur, lässt feinsten Zucker von einem Löffel auf die Blüte rieseln. Zum Schluss werden die Blümchen im Backofen getrocknet und einzeln oder zu zweit in Cellophantütchen verpackt. Die durch den Zucker konservierten Blüten halten mindestens 18 Monate. „Wenn sie nicht vorher vernascht werden„, sagt Evers lachend.

Wenn die Saison der Hornveilchen und Tausendschönchen vorbei ist, folgen Flieder, Jasmin, Holunderblüten, Kräuter wie Lavendel und Zitronenthymian und immer wieder Rosen. Alle Blüten stammen aus Evers' eigenem Garten oder denen von Freunden sowie von Biogärtnern - alles garantiert ungespritzt. Angela Evers hat den Entschluss nie bereut, dem Modebusiness den Rücken zu kehren. „Mit meinen kandierten Blüten schenke ich den Menschen Genuss und einen Moment des Staunens. Das macht mich glücklich“, sagt sie.

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