
Beton-Gold ist beliebt. Auch wegen der niedrigen Zinsen. Foto: Jan Woitas
dpaBeton-Gold ist beliebt. Auch wegen der niedrigen Zinsen. Foto: Jan Woitas
Berlin (dpa) - Baukredite gibt es im Moment so günstig wie nie. Doch in zehn Jahren, wenn die Zinsbindung endet, dürften Hypotheken teurer sein. Droht dann auch in Deutschland eine Überschuldungs-Krise?
Es ist schon verlockend: Sparen lohnt sich kaum noch, und Schuldenmachen war nie so billig wie jetzt. Für 1,45 Prozent gibt es derzeit nach Zahlen der FMH Finanzberatung einen Immobilienkredit mit zehnjähriger Laufzeit - vor fünf Jahren kostete die Hypothek noch mehr als 4 Prozent. Da müssten doch ein paar Quadratmeter mehr drin sein, ein Haus in besserer Lage, ein schickeres Bad, ein größerer Garten, kurz: ein wenig mehr Luxus. Doch wer so denkt und sich wegen der günstigen Konditionen jetzt höhere Schulden aufbürdet, sitzt womöglich auf einer Zeitbombe.
Die könnte in etwa zehn Jahren hochgehen. Dann nämlich läuft ein großer Teil der Immobilienkredite aus, die Käufer zuletzt mit niedrigen Zinsen abgeschlossen haben. Bei den privaten Haushalten zählte die Bundesbank im vergangenen November Wohnungsbaukredite im Volumen von rund einer Billion Euro. Bei fast drei Vierteln der im Februar neu abgeschlossenen Darlehen sind die Zinsen über mehr als fünf Jahre fest. Gängig sind zehn Jahre. Dann brauchen Tausende Häuslebauer- und Käufer eine Anschlussfinanzierung.
«Das birgt ein gewisses Risiko, weil die Zinsen in zehn Jahren vermutlich höher sind», warnt der Immobilienökonom des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Voigtländer. Auch der Eigentümerverband Haus & Grund sieht in dem billigen Baugeld Risiken: «Wer zu wenig Eigenkapital einsetzt, dem droht die Immobilienfinanzierung wie ein Kartenhaus zusammenzubrechen», sagt Verbandspräsident Rolf Kornemann. Höhere Zinsen und weniger Einkommen müssten einkalkuliert werden.
Zumal die Immobilienpreise in einigen deutschen Städten zuletzt rapide stiegen. Daran wird sich so schnell nichts ändern, glaubt Commerzbank-Ökonom Marco Wagner: «Betongold ist bei Anlegern zurzeit beliebt, da ihnen wegen zu niedriger Renditen - wie im Falle deutscher Staatsanleihen - oder zu hoher Risiken in anderen Anlageklassen die Alternativen fehlen.»
Noch sieht die Immobilienwirtschaft keine Preisblasen, wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) in seinem Frühjahrsgutachten betont. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret bestätigt das. Gleichzeitig betont er mit Blick auf die Geldschwemme der EZB aber auch: «Angesichts weiter steigender Liquidität und sinkender Zinsen steigt das Risiko von Vermögenspreisblasen, nicht zuletzt am Immobilienmarkt.»
In anderen europäischen Ländern sind so Überschuldungs-Krisen entstanden. Müssen das auch die deutschen Verbraucher fürchten? Nein, meint Voigtländer. Da komme den Deutschen ihre konservative Mentalität zu Gute. «Sie finanzieren ihre Immobilie mit relativ viel Eigenkapital», weiß der Wissenschaftler. So liehen sich Kreditnehmer hierzulande nur etwa 75 Prozent der Bau- oder Kaufsumme. Den Rest stemmten sie selbst. In den Niederlanden dagegen seien vor der Immobilienkrise Kredite über 120 Prozent normal gewesen.
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