Stürmische Zeiten für Markenartikel-Hersteller

Frankfurt/Main (dpa) - Der deutsche Einzelhandel macht mit seinen Eigenmarken wie „Ja!“, „Gut und Günstig“ oder „Rewe Feine Welt“ den Markenartikel-Herstellern immer erfolgreicher Konkurrenz.

Stürmische Zeiten für Markenartikel-Hersteller
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Mehr als die Hälfte der Kunden sieht keine Qualitätsunterschiede mehr.

Markenartikelhersteller wie Henkel, Oetker oder Nestlé geben jährlich viele Millionen für Produktentwicklung und Werbung aus. Doch Supermärkte und Discounter machen ihnen mit ihren in der Regel deutlich günstigeren Eigenmarken wie „Ja!“, „Gut und Günstig“, „Rewe Feine Welt“ oder “Edeka Selection“ immer erfolgreicher Konkurrenz.

Aktuell sollten bei vielen Markenartiklern die Alarmglocken schrillen. Denn nach einer am Freitag (10. Januar) veröffentlichten Umfrage der „Lebensmittel Zeitung“ und der Vermarktungsagentur UGW sehen inzwischen 59 Prozent der befragten Kunden keine spürbaren Unterschiede mehr hinsichtlich der Produktqualität zwischen Hersteller- und Handelsmarken.

Es sei das erste Mal, dass eine Mehrheit der Verbraucher den Handelsmarken so gute Noten gebe, heißt es in der Studie. Noch vor zwei Jahren hatten lediglich 37 Prozent der Befragten Handelsmarken und Markenartikel auf Augenhöhe gesehen. Jeder fünfte Konsument könne sich inzwischen eine Welt ohne Markenartikel vorstellen.

Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sank der Anteil der Markenkäufer zwischen 2009 und 2013 von 54 auf 45 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der Handelsmarken-Käufer deutlich.

Der Handel macht den Kunden den Umstieg leicht. Denn inzwischen gibt es Eigenmarken für alle Bedürfnisse. Neben den klassischen Billigmarken wie „Ja“ oder „Gut und Günstig“ offerieren Edeka, Rewe und Co. inzwischen Eigenmarken auf mittlerem Preisniveau wie „Rewe Beste Wahl“ und Premium-Produkte wie „Edeka Selcection“. Und daneben gibt es oft noch eigene Marken für Bioprodukte oder Lebensmittel aus der Region.

Größter Hort der Handelsmarken sind aber immer noch Discounter wie Aldi oder Lidl. Und auch sie beschränken sich längst nicht mehr auf das Basissortiment. Immer öfter gerieren sie sich als preisgünstiges Feinkostgeschäft und werben mit italienischen oder englischen Wochen. So lockt Lidl Skandinavien-Fans mit Elchsuppe und Köttbullar-Fleischbällchen. Und Aldi Süd offeriert unter der Eigenmarke „Cucina“ gleichzeitig italienische Spezialitäten vom Meeresfrüchte-Salat bis zum Steinpilz-Risotto.

Für den Handel ist die Eigenmarken-Offensive gleich aus mehreren Gründen attraktiv. Die Gewinnspannen sind höher als beim Verkauf von Markenprodukten. Die Produkte stärken das eigene Markenimage - zumindest so lange kein Lebensmittelskandal dazwischenkommt. Und: Die Handelsketten erhalten mehr Einblick in die Kostenstrukturen der Hersteller, was bei Preisverhandlungen nützlich sein kann.

Allerdings mussten auch die Supermärkte bei ihren Expansionsversuchen zuweilen Lehrgeld zahlen. Vor allem der Hype um die Premium-Handelsmarken, mit denen die Handelsketten die Markenartikler bei edlem Genuss wie Trüffelschinken oder Pralinen frontal angreifen wollten, ist inzwischen deutlich abgeflaut. Denn die Nachfrage erfüllte bei vielen Produkten nicht die Erwartungen. „Wer bereit ist, sich ein Premium-Produkt zu leisten, der ist auch bereit, für das Markenprodukt zu zahlen“, heißt es im Rückblick selbstkritisch bei einer Handelskette. Die Erfolge der Handelsmarken lägen doch eher im unteren und mittleren Preissegment.

Noch sei das Vertrauen der Kunden in Markenprodukte etwas größer als das in die Handelsmarken, heißt es in der aktuellen Studie. Vor allem ältere Kunden ab 65 Jahren wollten nicht auf sie verzichten. Der Trend scheint klar - die Markenartikel-Hersteller müssen sich wohl etwas einfallen lassen.

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