Nöte und Vorzüge der Anwälte

12 000 Juristen sind in der Düsseldorfer Anwaltskammer organisiert. Sie ist auch Anlaufstelle für Mandanten.

Düsseldorf. Die Rechtsanwaltskammer ist zwar in erster Linie für die Anwälte zuständig. Allerdings bietet sie auch Mandanten Beratung und Vermittlung an, wenn sie mit ihrem Anwalt nicht zufrieden sind. Wir sprachen mit Herbert P. Schons, dem neuen Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, über Probleme seines Berufsstands, die durchaus auch Auswirkung auf die Ratsuchenden haben können.

Herr Schons, bundesweit gibt es jetzt bereits etwa 160 000 Rechtsanwälte. Auch im Zuständigkeitsbereich Ihrer Kammer steigt die Zahl kontinuierlich um aktuell 2,2 bis 3,5 Prozent pro Jahr auf derzeit fast 12 000 Mitglieder. Führt die wachsende Zahl nicht zu schärferem Wettbewerb unter den Kollegen?

Schons: Natürlich müssen sich immer mehr Anwälte den Kuchen teilen. Die Umsätze pro Kopf sinken kontinuierlich. Entsprechend gibt es auch Kollegen, die kaum von der Tätigkeit leben können.

Wie hoch ist der durchschnittliche Verdienst eines Anwalts?

Schons: Ein Einzelanwalt erzielt im Durchschnitt einen Jahresüberschuss von 35 000 Euro. Das ist der Wert, der ihm vor Steuern verbleibt. Da es nun auch viel besser verdienende Kollegen gibt, können Sie sich vorstellen, dass auch eine ganze Reihe darunter liegen und nebenher anderen Tätigkeiten nachgehen müssen. Aber nicht allein die wachsende Zahl ist Ursache für wirtschaftliche Probleme, mit denen Kollegen zu kämpfen haben.

Was noch?

Schons: Es gibt auch Nicht-Juristen, die Rechtsberatung machen, was durch eine Liberalisierung des Rechtsdienstleistungsgesetzes erlaubt worden ist. Zum Beispiel Kfz-Werkstätten, die dem Kunden, der nach einem Unfall ein Auto in Reparatur gibt, die Korrespondenz mit der Versicherung abnehmen.

Aus Sicht des Verbrauchers ist das doch sehr angenehm.

Schons: Aber nicht immer vorteilhaft. Die Kfz-Werkstatt hat vor allem ein Interesse daran, von der Versicherung ihr Honorar für die Reparatur zu bekommen. Eine Beratung, dass der Kunde gegebenenfalls noch weitere Ansprüche hat wie zum Beispiel die Kosten für einen Mietwagen oder gegebenenfalls auch Schmerzensgeld, steht da meist nicht auf der Tagesordnung. Ansprüche, an die ein Anwalt sofort im Sinne seines Mandanten denken würde.

Sind nicht auch die Rechtschutzversicherungen, die mit Vertragsanwälten arbeiten, ein Problem für die anderen Anwälte, die davon eben nicht profitieren?

Schons: Durchaus. Und auch für den Versicherten muss diese Situation nicht immer gut sein.

Sie meinen, dass der Anwalt, der für eine Rechtsschutzversicherung arbeitet, seinem Mandanten auch schon mal einen Prozess ausredet, damit die Versicherung keine oder geringere Kosten hat?

Schons: Das will ich nicht unterstellen. Aber Fakt ist, dass ein Vertrauensanwalt einer Rechtsschutzversicherung, der für einen Versicherten ein Mandat übernimmt, Diener zweier Herren ist. Hier ist zumindest der böse Schein, dass auch im Kosteninteresse der Versicherung agiert wird, nicht völlig abwegig.

Die Anwaltskammer hat weitgehende Befugnisse gegenüber ihren Mitgliedern — im Interesse der Verbraucher. Sie können die Zulassung zum Anwalt widerrufen. Zum Beispiel, wenn ein Anwalt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist und damit das Risiko steigt, dass er Mandantengelder veruntreut. Wie bekommen Sie als Kammer etwas von solchen wirtschaftlichen Schieflagen mit?

Schons: Das geht sehr schnell. Sobald zum Beispiel ein Vollstreckungsbescheid gegen einen Anwalt ergeht, bekommen wir sofort Nachricht. Ebenso, wenn der Anwalt die Prämie für seine Berufshaftpflicht nicht bezahlt hat.

Sind Sie auch Anlaufadresse für Mandanten, die mit ihrem Anwalt nicht zufrieden sind?

Schons: Ja, jeder kann sich mit Beschwerden über unsere Mitglieder an uns wenden. Wir können vermitteln und auch berufsrechtswidriges Verhalten ahnden.

Bei den Beschwerden geht es bestimmt meist ums Geld. Wieviel Honorar darf ein Anwalt eigentlich abrechnen?

Schons: Das ist immer eine Frage der gesetzlichen Vergütung (RVG) oder einer hiervon abweichenden Vereinbarung. Sowohl Anwalt als auch Mandant sollten das Thema lieber sofort besprechen, damit es später keine Unstimmigkeiten gibt. Wenn nichts anderes vereinbart ist, so ist bei einer Erstberatung jedenfalls bei einem Verbraucher das Honorar auf 190 Euro beschränkt.

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