Handy am Steuer: Gerichte greifen durch

Die meisten Urteile fallen zuungunsten der Autofahrer aus.

Berlin. Am Steuer ist das Handy bekanntlich tabu. Wer beim Auto- oder Motorradfahren dennoch telefoniert, riskiert 40 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg. Fahrradfahrer zahlen 20 Euro. Grundsätzlich ist das jedem klar. Dennoch sind Mobiltelefone beim Fahren ein Dauerbrenner vor Gericht. Dabei ist nicht nur das Telefonieren verboten, sondern jede Handynutzung ohne Freisprechanlage.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass das Ablesen der Uhrzeit vom Display ebenso ordnungswidrig sei wie das Lesen einer SMS oder einer Telefonnummer im Display (Az.: 2 Ss OWi 177/05; 2 Ss OWi 1005/02; 2 Ss OWi 402/06). Entsprechend urteilte das OLG Jena bezüglich der Nutzung des Handys als Diktiergerät (Az.: 1 Ss OWi 82/06). "Sowie sie das Handy anfassen, ist es vorbei", sagt Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein.

Im Gesetz heißt es "in der Hand halten". Doch das bloße Umlagern des Gerätes vom Ablagefach in die Mittelkonsole bleibt straffrei, entschied das OLG Köln (Az.: 83 Ss OWi 19/05). Und wenn das Handy beim Fahren in den Fußraum fällt, darf man es laut OLG Bamberg wieder aufheben, ohne einen Punkt zu riskieren (Az.: 3 Ss OWi 452/07). "Sämtliche Bedienfunktionen sind aber vom Verbot umfasst", so Lempp. Das gilt laut OLG Köln selbst für integrierte Navis (Az.: 81 Ss-OWi 49/08).

Ansonsten gilt laut Elsner: Sobald der Motor läuft, "Finger weg vom Handy". Denn auch, wenn das Auto steht, riskiert man ein Bußgeld. Im grünen Bereich ist nur, wer an einer roten Ampel flugs den Motor ausstellt, telefoniert und das Gespräch beendet, bevor er den Wagen wieder startet (Az.: 2 Ss OWi 190/07). So entschied das OLG Hamm.

"Bei wiederholten Verstößen kann es sogar passieren, dass die Fahrtauglichkeit infrage gestellt wird ", warnt der Experte. So urteilte das OLG Jena (Az.: 1 Ss 54/06). Kommt es zu einem Unfall, kann es richtig teuer werden. "Die Nutzung des Handys kann als grobe Fahrlässigkeit gedeutet werden", erklärt Elsner. Das Landgericht (LG) Kiel entschied auf 20 Prozent Mitverschulden bei einem unverschuldeten Unfall (Az.: 7 S 100/04).

Doch auch, wer eine Freisprecheinrichtung benutzt, ist versicherungsrechtlich nicht auf der sicheren Seite. In einem Fall hatte ein Pkw-Fahrer bei Tempo 120 einen Anruf abweisen wollen, kam aus der Spur und fuhr auf einen Wohnwagen auf. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte wegen grober Fahrlässigkeit die Zahlung. Zu recht, entschied das LG Frankfurt (Az.: 2/23 O 506/600).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort