Was den Umgang mit Demenzkranken erleichtert

Bochum (dpa/tmn) - Demenzkranke zu pflegen, ist für Angehörige nicht nur Kraft raubend, sondern auch frustrierend. Die Persönlichkeit des Erkrankten verändert sich. Manchmal ist es schwer, noch an ihn heranzukommen.

Oft hilft es dann, an die Vergangenheit anzuknüpfen.

Die Hose liegt in der Spülmaschine, die Arbeitsplatte in der Küche ist schon viermal abgewischt: Das Zusammenleben mit Demenzkranken kostet viel Kraft. Können sich Betroffene zudem nur noch schwer sprachlich ausdrücken, fällt der Zugang zu ihnen schwer. Mit einigen Hilfsmitteln können es Angehörige aber schaffen, den Umgang mit den Erkrankten zu verbessern.

Einige Länder setzen dazu auf technische Hilfsmittel: In Japan wurde beispielsweise eine therapeutische Robbe entwickelt, die in Altenheimen eingesetzt wird. Sie soll Emotionen wecken. Einer Studie der Fachhochschule Frankfurt am Main zufolge regte die Robbe die Konversation zwischen den Bewohnern an und brachte sie dazu, über ihre Krankheit zu reflektieren. Viele reagierten beim Streicheln des Plüschtieres mit positiven Gefühlsausdrücken wie Lächeln.

Grundsätzlich ist es sehr schwierig zu beurteilen, welche Mittel Glücksgefühle hervorrufen: „Die Betroffenen können oft keine Auskunft mehr darüber geben“, sagt Philipp Stude, Oberarzt an der Neurologischen Klinik Bergmannsheil in Bochum. Ob es einem Patienten gut gehe, sei eine Frage der Interpretation. Für sein Wohlbefinden sprechen aber zum Beispiel ein zugewandter Blick, eine friedliche Stimmung oder dass der Erkrankte auf Ansprache reagiert. Auslösen lässt sich dieser Zustand bei vielen Demenzpatienten über alte Hobbys, Musik, Kunst oder Tiere. „Die Angehörigen wissen meist, was dem Erkrankten Freude macht.“

Viele Demenzkranke entwickeln im Laufe ihrer Krankheit geradezu phobische Ängste, etwa, dass jemand Fremdes im Zimmer sei oder Geld gestohlen wurde. „Erkrankte brauchen dann das Gefühl, ernst genommen zu werden“, sagt Prof. Sabine Bartholomeyczik vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Witten. Angehörige sollten deshalb versuchen, die Ängste nicht abzutun, sondern ihnen auf den Grund zu gehen. Gudrun Piechotta-Henze, Pflegewissenschaftlerin an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, rät, auf Aussagen wie „Ich bin bestohlen worden“ zum Beispiel mit „Das ist sicher belastend für dich“ zu antworten.

Verlieren Demenzkranke die Fähigkeit, sich sprachlich auszudrücken, erschwert das den täglichen Umgang gehörig. Angehörige können den Verlust der Sprache aber durch andere Sinnesreize zumindest teilweise kompensieren: „Es ist wichtig, Erinnerungsinseln zu schaffen. Das geht zum Beispiel durch Berührung oder bestimmte Speisen“, sagt Piechotta-Henze. Die Pflegewissenschaftlerin hat in einem Projekt beispielsweise gute Erfahrungen mit dem Vorlesen von Gedichten gemacht, die Demenzkranke noch aus der Schule kannten. „Selbst die, die sich nicht mehr verbal ausdrücken konnten, konnten die Gedichte am Schluss auswendig.“

Wichtig ist auch, in Anwesenheit des Demenzkranken nicht über ihn mit anderen zu sprechen: „Man sollte nie sagen: 'Das kriegt der andere nicht mehr mit'“, warnt Piechotta-Henze. Die Patienten seien ihrer Erfahrung nach sehr sensibel und bekämen auf der nonverbalen Ebene noch viel mit. Besser sei es, sich auf Augenhöhe mit dem Erkrankten zu beugen und zu versuchen, ihn direkt anzusprechen. „Damit signalisiert man ihm: 'Ich habe Zeit für dich'.“

Bei aller Fürsorge für die Demenzerkrankten dürften Angehörige nicht sich selbst vergessen: „Ein Entlastungstag in der Woche ist wichtig“, sagt Neurologe Stude. In dieser Zeit sollte der Erkrankte von jemand anders gepflegt werden.

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