Stäbchen statt Stulle: Wenn die Familie ins Ausland zieht

Stuttgart (dpa/tmn) - Papas Jobwechsel ins Ausland betrifft auch die Kinder. Sie müssen unter anderem neue Freunde finden. Deshalb sollten Eltern ihnen das fremde Land so früh wie möglich schmackhaft machen.

Sonst kann das Abenteuer Ausland schnell schiefgehen.

Als Urlaub ist eine Familienreise ins Ausland ganz unkompliziert. Der Ausnahmezustand dauert vielleicht zwei Wochen, danach geht der Alltag in der Heimat weiter. Doch fährt die Familie nicht zur Erholung ins Ausland, sondern wegen des Jobs, wird das schnell ein Abenteuer mit großen Herausforderungen für Eltern und Kinder.

Svetlana Lundgren hat solch ein Abenteuer schon einmal erlebt und weiß ganz genau, dass ihr noch weitere bevorstehen. Lundgrens Ehemann ist Diplomat und wird vom Auswärtigen Amt regelmäßig an deutsche Vertretungen in aller Welt geschickt, Familie inklusive. Sie weiß, dass Familien bei einem beruflichen Auslandsaufenthalt Unterstützung brauchen: „Sprachkurse, auch für Partner und Kinder sind wichtig, um die erste Barriere zu überwinden“, sagt die 39-Jährige.

Dass Kinder bei einem beruflich bedingten Wechsel der Eltern in ein fremdes Land gut vorbereitet werden müssen, weiß auch Gesa Krämer. „Bevor Eltern ihre Kinder in die Planung eines Auslandsaufenthalts mit einbeziehen, müssen sie zunächst für sich selbst ihre Motive klären.“ Krämer ist Co-Autorin des Buches „Arbeiten im Ausland - und die Familie geht mit“. Wer selbst unsicher ist, wird seine Kinder nicht überzeugen können - und die müssen mitspielen, sonst kann das Abenteuer scheitern.

„Wir haben schon mitbekommen, dass Familien ihren Auslandsaufenthalt abbrechen mussten, weil die Kinder überfordert waren“, sagt Gerhard Burchhart. Der Projektmanager ist zur Zeit für die Siemens AG in Shanghai und hat Erfahrung als Expat - so die gängige Bezeichnung für Menschen, die befristet außerhalb ihrer Heimat leben (lateinisch: ex patria = aus dem Heimatland heraus).

Zuletzt ist seine Familie 2009 von Florida nach Shanghai gezogen. Während er und seine Frau Gabi davon schnell begeistert waren, brauchte es für die damals 14-jährige Tochter Linda noch einiges an Überzeugungsarbeit. „Wir haben unseren Kindern gesagt: Wir machen das nur, wenn es für euch in Ordnung ist“, erzählt Gabi Burchhart. Solch ein Gespräch sei genau das richtige, findet auch Gesa Krämer.

Doch schon lange vor der großen Reise gilt es, das fremde Land gerade kleineren Kindern so erfahrbar wie möglich zu machen, sagt Autorin Krämer: „Man sollte alle Sinne ansprechen: Bilder und Filme anschauen, kleine Gegenstände besorgen oder landestypische Gerichte essen.“ Schulkinder können sich über einen Besuch der Internetseiten der Auslandsschule mit ihrem neuen Umfeld vertraut machen.

International aufgestellte Unternehmen wie die Siemens AG bieten ihren Mitarbeitern sogenannte Orientierungsreisen an ihren zukünftigen Einsatzort an. „Mögliche Wohnungen, Schulen und die gesamte Situation vor Ort können der Mitarbeiter und sein Partner dann schon kennenlernen“, erklärt Ekkehard Wirth. Er arbeitet im International Delegation Center (IDC) der Siemens AG in Erlangen, eine Spezialabteilung, die sich um die Auslandseinsätze von etwa 1700 Mitarbeitern kümmert.

Im Ausland Kontakt zu Familien in der gleichen Situation zu finden, sei gar nicht so schwer: Die Exoten erkennen sich leicht gegenseitig, glaubt Autorin Krämer. Viel schwieriger sei später die Heimkehr: „Die Freunde, andere Kinder und man selbst - alles hat sich verändert.“ Um nicht einen Rückkehrer-Kulturschock zu riskieren, sollte die Heimreise deshalb mindestens genauso bewusst vorbereitet werden wie der Beginn des Abenteuer Ausland.

Literatur:

Gesa Krämer/Kirsten Nazarkiewicz: Arbeiten im Ausland - und die Familie geht mit. Bertelsmann, 2008, 176 Seiten, 14,90 Euro, ISBN-13: 978-3763934935

Bettina Kaltenhäuser/Hilly van Swol-Ulbrich: Andere Länder, andere Kinder. VAS Verlag, 2002, 105 Seiten, 19,80 Euro, ISBN-13: 978-3888643408

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