Nichts über 42 Grad: Wie gesund ist Rohkost bei Kindern?

Hamburg (dpa/tmn) - Bei Familie Ludwig aus Hamburg beginnt der Tag mit einem rohen Porridge aus geschrotetem Nackthafer mit Chiasamen und Wasser. Tochter Karla, zwei Jahre alt, ist hochzufrieden: „Sie liebt dieses Frühstück, auch mit Banane, Nussmilch und Hanfsamen“, erzählt ihre Mutter Ute.

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Familie Ludwig ernährt sich von roher Kost - das heißt: Kein Lebensmittel wird über 42 Grad erhitzt.

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Das klingt auf den ersten Blick ein bisschen mager. Doch auf ihrem Familienblog zeigen die Ludwigs, wie bunt und vielfältig ihre Küche tatsächlich ist. Es gibt Torten, Brot, Eis, Suppen, Salate, sogar Burger.

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„Rohkost wird von den meisten Menschen total unterschätzt“, glaubt Sonja Reifenhäuser, Food-Coach aus Berlin. „Dabei gibt es ganz viele Möglichkeiten, sich mit Rohkost vollwertig und abwechslungsreich zu ernähren.“ In den Großstädten, in Szene-Cafés und veganen Supermärkten wächst die Nachfrage nach grünen Smoothies, rohen Torten mit Cashewnussboden und Avocadofüllung oder Energie-Riegeln aus Kakao und Datteln.

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Auch bei den Ludwigs werden regelmäßig Smoothies getrunken. Im Frühjahr und Sommer kann Tochter Karla die nötigen Blätter, zum Beispiel Löwenzahn oder Giersch, mit Mama im Garten sammeln. Sorge, dass Karla nicht genügend Nährstoffe bekommt, haben die Ludwigs nicht: „Sie ist ein richtiger Wonneproppen.“

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Annette Lingenauber, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde aus Hamburg ist dennoch skeptisch: „Gerade eine roh-vegane Ernährung ist nicht ungefährlich.“ Durch den Verzicht auf Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte drohe ein Mangel an Vitamin B12 mit der Gefahr von neurologischen Schäden. Familie Ludwig, die tatsächlich auch auf tierische Produkte verzichtet, ist sich dessen bewusst: „Wir nehmen B12 als Nahrungsergänzungsmittel.“

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Wählen Eltern diesen Weg, sollten sie sich laut Lingenauber auf jeden Fall von einem Kinderarzt betreuen lassen. „Bei den U-Untersuchungen können wichtige Parameter wie Wachstums- und Gewichtsentwicklung beobachtet werden.“

Sonja Reifenhäuser, die Seminare zum Thema Rohkost gibt, sagt: „Natürlich gibt es Risiken bei dieser Ernährungsform.“ Doch die große Nachfrage nach Informationen zeige auch, dass sich Rohköstler in der Regel sehr intensiv mit Lebensmitteln und ihren Bestandteilen auseinandersetzen.

Karla, die mit den Ernährungsüberzeugungen ihrer Eltern aufwächst, ist noch zu klein, um Fragen zu stellen. Sie isst - noch - mit Begeisterung, was Mama und Papa zubereiten. Was die Zukunft bringt, kann Ute nicht einschätzen. Dogmatisch will sie aber in keinem Fall sein: „Sie darf auch heute schon andere Dinge essen, zum Beispiel wenn sie bei Oma und Opa oder bei Freunden ist.“ Diese Offenheit empfiehlt auch Reifenhäuser: „Ernährung muss Kindern Spaß machen. Dazu gehört auch, dass Mama und Papa nicht alles verbieten und man aus anderen Töpfen probiert.“

Offen bleiben gilt auch im umgekehrten Fall: Reifenhäuser findet es eine gute Idee, wenn Eltern es mal mit der Rohkostküche versuchen: „Gerade für Kinder bietet die Rohkost viele Möglichkeiten, mit Lebensmitteln und Geschmack zu experimentieren.“

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