Grauzone anonyme Samenspende

Die Technik künstlicher Befruchtung kann weitreichende rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Hamm. Auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, wonach der Betreiber einer Samenbank einem anonym erzeugten Kind den Namen des Vaters nennen muss, bleiben viele Fragen offen.

Seit wann sind Samenspenden in Deutschland erlaubt?

Medizinisch möglich sind sie seit rund 100 Jahren. Verboten waren sie nie, gesetzliche Grundlagen dafür gab es allerdings auch nicht. Unter Ärzten galten Samenspenden lange als sitten- oder standeswidrig. Erst der 73. Deutsche Ärztetag 1970 und der 65. Deutsche Juristentag 1986 entschieden sich für eine standesrechtliche und berufsethische Akzeptanz.

Welche medizinischen Kriterien gibt es für die Behandlung mit Spendersamen?

Dazu zählen in erster Linie die Unfruchtbarkeit des Mannes in einer Partnerschaft, aber auch die Gefahr einer Übertragung von Erbkrankheiten durch den Mann.

Wer darf eine Samenspende in Anspruch nehmen?

Möglich ist das heute sowohl für verheiratete als auch für unverheiratete Paare. Einige Bundesländer verlangen dafür allerdings einen notariellen Vertrag, in dem die gegenseitige finanzielle Absicherung festgeschrieben ist. Es hängt von der Samenbank ab, ob sie Ärzten auch für Single-Frauen oder homosexuelle Frauen Sperma zur Verfügung stellt.

Samenspenden an Singles und gleichgeschlechtliche Paare gelten als Graubereich, sind aber auch nicht verboten. Für Lesben gibt es aber auch die Möglichkeit, sich rechtlich gegenseitig finanziell abzusichern. Die zweite Mutter tritt dann an die Stelle des Mannes.

Können auf einen Samenspender Unterhaltsansprüche und Erbansprüche zukommen?

Theoretisch ja. Zum Beispiel, wenn sein Sperma an eine Single-Frau ging. Rechtlich könnte später die Situation wie nach einem sexuellen Abenteuer entstehen. Aber auch die Kinder von Paaren könnten theoretisch Unterhalt von ihrem leiblichen Vater fordern. Es wäre rechtlich nur sehr kompliziert.

Zuerst müsste ein Kind die Vaterschaft seines sozialen Vaters anfechten und Recht bekommen. Danach müsste der Samenspender als biologischer Vater in einem zweiten Gerichtsverfahren festgestellt und zur Zahlung aufgefordert werden. Beide Fälle sind in Deutschland aber noch nicht vorgekommen.

Wie viel kostet eine Samenspende?

500 bis 700 Euro pro Zyklus, bei einer Schwangerschaftshäufigkeit von 15 bis 20 Prozent. Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht. Kommt eine künstliche Befruchtung hinzu, können die Kosten schnell auf mehrere tausend Euro steigen.

Wie viele Samenspender gibt es?

Dazu gibt es keine Statistik. In Deutschland gibt es insgesamt rund ein Dutzend Samenbanken, vor allem in West- und Süddeutschland, zudem in Hamburg und Berlin. Am Zentrum für Reproduktionsmedizin in Essen werden die meisten Kinder gezeugt — genaue Zahlen dazu gibt es aber auch nicht. Das Sperma ist tiefgefroren (Kryotechnik) und wird vorher auf Infektionskrankheiten wie zum Beispiel HIV untersucht. Samenspender erhalten für eine Spende meist unter 100 Euro.

Wie kommen kinderlose Paare mit einem Kinderwunsch an Spendersamen?

Der Weg führt meist vom Gynäkologen oder Urologen zu einem der reproduktionsmedizinischen Zentren, die überall in Deutschland verteilt sind. Nach weiteren Untersuchungen des Paares werden alle Alternativen für einen Kinderwunsch aufgezeigt. Dort kommt dann die Möglichkeit einer Behandlung mit Spendersamen zur Sprache. Diese Zentren haben direkten Kontakt mit den Samenbanken und führen auch — wenn das Paar diesen Weg gehen will — die Befruchtung durch.

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