Arbeitsstättenverordnung „No Smoking“ am Arbeitsplatz: viele Raucher müssen raus

Frankfurt/Main (dpa) - Früher wurde bei der Deutschen Flugsicherung viel geraucht. „Man kennt das aus alten Filmen. Beinahe jeder hatte eine Zigarette in der Hand“, sagt eine Sprecherin.

Arbeitsstättenverordnung: „No Smoking“ am Arbeitsplatz: viele Raucher müssen raus
Foto: dpa

Mancherorts haben Vorhänge und Teppiche „eine gewisse Duftmarke“ gehabt. Später seien die Raucher in der Unternehmenszentrale in Langen nach und nach eingeschränkt worden. Erst habe es drinnen noch „Raucherinseln“ gegeben. Mittlerweile müssen die Raucher raus.

„Es gibt einen grundsätzlichen Anspruch auf einen rauchfreien
Arbeitsplatz“, sagt Prof. Stefan Lunk von der Arbeitsgemeinschaft
Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dieser ist begründet
in der Arbeitsstättenverordnung. Das schützt insbesondere
Nichtraucher - und schränkt Raucher ein. Die meisten Unternehmen
hätten in den vergangenen Jahren mit Betriebsvereinbarungen
Regelungen getroffen, die zwischen Rauchern und Nichtrauchern
vermitteln.

Diese Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Mitarbeitern oder dem
Betriebsrat beantworten viele Fragen: Wo darf geraucht werden? Gibt
es Raucherräume? Müssen die Raucher die Uhr stechen, wenn sie für
eine Zigarettenlänge ihren Arbeitsplatz verlassen? So vielfältig wie
die Unternehmen sind auch die Regelungen.

Bei Daimler zum Beispiel ist das Rauchen in allen Gebäuden verboten.
„Außerhalb von Gebäuden gilt das Rauchverbot, soweit es sich um
feuergefährdete Bereiche handelt“, heißt es in der
Gesamtbetriebsvereinbarung. Raucherräume gibt es nach Angaben des
Unternehmens keine.

„Es gibt keinen Anspruch auf einen Raucherraum“, sagt Anwalt Lunk.
Durch die Gerichte sei aber klargestellt, dass der Betrieb das
Rauchen nicht komplett verbieten darf. Eine Ausnahme wäre, wenn ein
Verbot aus Sicherheitsgründen nötig ist.

Gefährlich wären Glimmstängel auf dem Vorfeld des Frankfurter
Flughafens. Wegen des Umgangs mit Kerosin sei das Rauchen dort schon
lange verboten, sagt Dieter Hulick, Sprecher bei der
Betreibergesellschaft Fraport. „Selbst wenn Sie Hangars in Filmen aus
den 50ern sehen, hängen da überall „No Smoking“-Schilder“, fügt er
hinzu. Man habe in den Bereichen aber Raucherräume.

In Flugzeugen habe sich das Rauchverbot erst seit Beginn der 1990er
Jahre nach und nach durchgesetzt, erläutert Hulick. Ansonsten dürfen
die Flughafen-Angestellten laut Betriebsvereinbarung nur draußen
rauchen. Nicht in den Raucher-Lounges für die wartenden Fluggäste,
sondern vor der Tür. Stechen müssen sie nicht, aber die Pause sollte
in einem „vertretbaren Rahmen“ sein, sagt Hulick.

„Ein Recht auf eine bezahlte Raucherpause gibt es nicht“, sagt Lunk.
Der Arbeitgeber könne verlangen, dass der Arbeitnehmer sich vor dem
Rauchen aus- und danach wieder einstempelt. Grundsätzlich sei ein
Verstoß ein kündigungsrelevanter Sachverhalt, sagt Lunk. Eine
Kündigung sei aber nur verhältnismäßig und damit realistisch, wenn
dies öfters passiere.

Schwieriger sei die Lage, wenn Angestellte in Krankenhäusern und
Schulen beim Rauchen im Gebäude erwischt würden. In den öffentlichen
Einrichtungen vieler Bundesländer und des Bundes ist das Rauchen per
Gesetz verboten. „Ein Verstoß gegen ein solches Gesetz ist schon eher
ein Kündigungsgrund, aber immer muss der Einzelfall betrachtet
werden“, sagt Lunk.

Gibt es bei all den Gesetzen noch Rückzugsräume für die Raucher? An
den Standorten Hamburg und Bayreuth des Tabakunternehmens British
American Tobacco regelt eine sogenannte „Smoking Policy“, ob geraucht
werden darf. Der Einzelbüroinhaber entscheidet demnach erstmal
selbst. Vor einer Besprechung wird verhandelt: Wenn der Qualm nur
einen störe, würde es automatisch zum „Nichtrauchermeeting“.

Bei Mittelstandsunternehmen sieht mancher Nachholbedarf bei der
Verbannung des Zigarettenqualms. Erst 30 Prozent der Mittelständler
würden sich mit Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung
beschäftigen, zu denen auch Rauchen zähle, sagt Mario Ohoven,
Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft.

Das Bild vom Bauarbeiter mit Kippe im Mund scheint aber nicht mehr in
Stein gemeißelt. „Dieses Klischee ist nicht mehr so richtig“, sagt
Sicherheitsingenieur Wilfried Figiel, der auf Baustellen in Berlin
und Brandenburg regelmäßig knapp 400 Bauarbeiter sieht. „Es rauchen
ein Drittel weniger als vor zehn Jahren.“ Laut Betriebsvereinbarung
einiger Niederlassungen des Straßenbauunternehmens Eurovia darf in
den Gemeinschaftscontainern am Bau nicht mehr geraucht werden.

Beim Bauunternehmen Hochtief kommt man ohne Betriebsvereinbarung zum
Thema Rauchen aus. Auf Freiluftbaustellen gebe es keine
expliziten Regelungen, sagt ein Unternehmenssprecher. In den
Containerburgen sei Nichtrauchen ein „übergreifender Konsens“. Und
auch hier bröckelt das Klischee: Generell ließe sich feststellen,
dass die Anzahl der Raucher drastisch abgenommen hat. „Selbst auf
Baustellen stellen wir einen zunehmenden Gebrauch von E-Zigaretten
fest.“

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