Bewerbungen — zuweilen ein Fall für den Detektiv

Etwa zehn Prozent der Kandidaten schummeln im Lebenslauf. Marco Löw zeigt Firmen, wie man Lügner enttarnt.

Düsseldorf. Marco Löw arbeitete 15 Jahre bei der Polizei, seit zwei Jahren nutzt der Kriminalist als Trainer seine Fähigkeiten, um Bewerbungsbetrüger zu überführen. Er erklärt Firmen, worauf sie bei Bewerbungen achten müssen.

Herr Löw, Sie helfen Firmen, lügende Bewerber zu entdecken. Nimmt Bewerbungsbetrug zu?

Marco Löw: Ja, denn heutzutage kann sich jeder mit einem günstigen Softwareprogramm Zeugnisse und Zertifikate selbst am PC zusammenbasteln. Aber Bewerber stehen nicht unter einem Generalverdacht, etwa 90 Prozent sind ehrlich, das haben mehrere Studien ergeben.

Und die anderen zehn Prozent?

Löw: Die betrügen, indem sie echte Arbeitszeugnisse teilweise fälschen, etwa einen Satz hinzufügen, oder sich Urkunden komplett selbst ausstellen.

Warum wird in Bewerbungsunterlagen gelogen?

Löw: Es gibt nur wenige gute Stellen, aber dafür viele Bewerber. Deshalb versuchen sie besonders gut auf die Stellenausschreibung zu passen — und dichten Qualifikationen hinzu, beispielsweise für einen Computerkurs. Sehr beliebt ist es auch, eine Arbeitslosigkeit zu kaschieren. Da viele Chefs höchstens beim letzten Arbeitszeugnis nachhaken, eventuell bei dem Arbeitgeber anrufen, lassen manche Bewerber bei den Zeugnissen davor ihrer Fantasie freien Lauf.

Worin liegt der größte Schaden für die Firmen?

Löw: Wer in einer Bewerbung lügt, verfügt generell über ein hohes Maß an krimineller Energie. Der hat dann auch in anderen Bereichen keine Hemmungen. Deshalb müssen schlechte Bewerber im Vorfeld aussortiert werden.

Ist denn Flunkern erlaubt?

Löw: Den eigenen Lebenslauf etwas aufzuhübschen, das ist ok. Schließlich müssen sich die Bewerber als Produkt vermarkten. Nehmen wir etwa die Sprachkenntnisse: Wenn ich meine, dass ich „gute“ Italienischkenntnisse habe, weil ich dort im Urlaub eine Pizza bestellen kann, ist das Ansichtssache. Ein anderer Bewerber würde sich gute Sprachkenntnisse nur zuschreiben, wenn er auf Italienisch Verhandlungen führen kann. Das Flunkern wird erst problematisch, wenn der Bewerber insbesondere aufgrund dieses Punktes eingestellt wurde.

Wie können Personaler die schwarzen Schafe erkennen?

Löw: Zunächst einmal sollte die Personalabteilung im Internet über den Kandidaten recherchieren. Die eingereichten Unterlagen sollten auf Fälschungsmerkmale untersucht werden.

Wie zum Beispiel...

Löw: Ein ganz blöder Fehler ist etwa, wenn jemand ein Zeugnis fälscht, das vor vielen Jahren ausgestellt worden sein soll, aber die neue Rechtschreibung benutzt, die damals noch gar nicht existierte. Oder wenn bei selbst geschriebenen Zeugnissen immer dieselben Rechtschreibfehler auftauchen. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass zwei Personalchefs dieselben Rechtschreib- oder Kommafehler machen.

Und wie verraten sich Bewerber?

Löw: Man muss im Gespräch auf die Körpersprache und die verbale Sprache achten. Wenn ein Bewerber etwas detailreich, sprunghaft und komplex erzählt, spricht das für seine Glaubwürdigkeit. Viele Gegenfragen sind ein Warnindikator: Sie bieten dem Kandidaten Zeit, über die Antwort nachzudenken.

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