Extremismus "Wegweiser"-Programm gegen Salafismus soll wachsen

Entgegen ihrer Kritik vor der Wahl wollen CDU und FDP das Präventionsprojekt gegen Salafismus auf 25 Anlaufstellen ausbauen.

Extremismus: "Wegweiser"-Programm gegen Salafismus soll wachsen
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Düsseldorf. Die neue NRW-Landesregierung will das 2014 eingeführte Präventionsprogramm „Wegweiser — Gemeinsam gegen gewaltbereiten Salafismus“ fortführen und ausbauen. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Herbert Reul (CDU) auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor. Neben den bisher 13 Anlaufstellen befinden sich derzeit weitere fünf im Aufbau. „Im kommenden Jahr besteht die Planung, sieben weitere einzurichten, so dass Ende 2018 in insgesamt 25 Anlaufstellen Betreuerinnen und Betreuer tätig sein werden“, schreibt Reul.

Vor der Wahl hatte die damalige CDU/FDP-Opposition das Wegweiser-Projekt mehrfach deutlich kritisiert. Das Präventionsprogramm müsse auf den Prüfstand, forderte beispielsweise der CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach noch vor einem Jahr. Das Programm sei jeglichen Beweis seiner Wirksamkeit schuldig geblieben. Jetzt antwortet Innenminister Reul „im Einvernehmen“ mit den Ressorts Integration, Schule und Justiz (Minister: Peter Biesenbach): „Der gesamte Bereich der Prävention hat für die Landesregierung eine hohe Bedeutung und soll in Zukunft weiter ausgebaut werden.“

Das Wegweiser-Programm war 2014 zunächst als Modellprojekt mit drei Beratungsstellen in Düsseldorf, Bonn und Bochum gestartet. Bis Mitte dieses Jahres wurden in allen inzwischen bestehenden Beratungsstellen zusammen 8129 Anfragen registriert, überwiegend von ratsuchenden Eltern, Lehrern und Bekannten sich möglicherweise radikalisierender Jugendlicher.

Aus den Anfragen ergaben sich bisher über 500 Betreuungen, rund 400 davon Jungen oder Männer. Deutlich mehr als die Hälfte der Betreuten waren und sind minderjährig. Laut Innenministerium verläuft die Beratungsarbeit in einem langfristigen Prozess. Zusätzlich wurden bisher über 1200 Veranstaltungen, Workshops und Vorträge ausgerichtet.

Die damalige Opposition der rot-grünen Landesregierung hatte sich vor allem auf das Programm eingeschossen, nachdem bekannt geworden war, dass drei der fünf Tatverdächtigen, denen der Sprengstoffanschlag auf den Essener Sikh-Tempel im April 2016 zugeschrieben wurde, Teilnehmer des Wegweiser-Programms gewesen waren. „Prävention bedeutet ja keine Garantie, dass sich jeder bekehren lässt“, hält Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, dagegen. „Es geht darum, Zugang zu den Jugendlichen zu bekommen und ihre Bereitschaft zu fördern, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.“

Mit einem in dieser Woche in der Fraktion verabschiedeten Antrag wollen die Grünen die Präventionsmaßnahmen gegen den Neosalafismus in NRW fest verankern und ausbauen. Darin regen sie an, das Wegweiser-Programm, das bisher vom Verfassungsschutz koordiniert wird, einem anderen Ressort zu übertragen. Und neben dem mit hohen Hürden versehenen Aussteigerprogramm „Islamismus“ des Verfassungsschutzes sei eine weitere Beratungsstelle freier Träger für Personen nötig, die sich aus der salafistischen Szene lösen wollen.

Außerdem fordern die Grünen die Einrichtung eines eigenen Forschungsinstituts zum Neosalafismus an einer der NRW-Hochschulen. „Wir wissen beispielsweise bisher kaum etwas über die Radikalisierungsverläufe“, sagt Schäffer. Die Forschung sei eine gute Basis für spätere Präventionsprogramme. Auch müssten Streetworker für diejenigen Jugendlichen eingesetzt werden, die in Jugendeinrichtungen nicht anzutreffen seien. „Das ist zwar eher Aufgabe der Kommunen, aber das Land sollte solche Projekte zum Beispiel über den Kinder- und Jugendförderplan finanziell fördern.“

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