NSU-Untersuchungsausschuss War Corelli das Bindeglied zur Dortmunder Naziszene?

Im NRW-Untersuchungsausschuss zum NSU geht es am Donnerstag um den toten V-Mann. Ärger gibt es um die Aussage eines Ermittlers.

War V-Mann Corelli das Bindeglied zwischen dem Nationalsozialistischen Untergrund und den Rechtsextremen aus Dortmund?

War V-Mann Corelli das Bindeglied zwischen dem Nationalsozialistischen Untergrund und den Rechtsextremen aus Dortmund?

Foto: Marius Becker

Düsseldorf. Vor gut zwei Jahren, irgendwann Anfang April im Jahr 2014, ist der ehemalige V-Mann Thomas R. in seiner Wohnung in Paderborn gestorben. Nach offizieller Darstellung war eine unentdeckte Diabeteserkrankung die Ursache für den Tod des damals 38 Jahre alten Mannes. In der Nazi-Szene seiner Heimat Sachsen-Anhalt war R. unter dem Spitznamen HJ Tommy bekannt. Auch beim Verfassungsschutz kannte man ihn unter einem anderen Namen. Der langjährige Spitzel wurde im Bundesamt unter Corelli geführt.

NSU-Untersuchungsausschuss: War Corelli das Bindeglied zur Dortmunder Naziszene?
Foto: Arne Dedert

Am Donnerstag ist Corelli Thema im Untersuchungsausschuss des Landtags, der sich mit den Morden des NSU in Nordrhein-Westfalen befasst. Diesmal geht es nicht um die Umstände seines Todes — damit hat sich der Sonderermittler des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestages, Jerzy Montag, befasst —, sondern um die Aussage eines Verfassungsschützers.

Der war sogenannter V-Mann-Führer von „Corelli“, könnte also mithin Auskunft geben über die Arbeit von HJ Tommy oder Corelli, der für seine Auskünfte über die Jahre mehr als 180.000 Euro kassiert haben soll. Allein: Der Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes darf im Ausschuss nichts zu seiner ehemaligen Quelle sagen — das Bundesamt verweigert ihm die Aussagegenehmigung. Der Ausschussvorsitzende Sven Wolf (SPD) zeigt sich verärgert. Die zugesagte Kooperation stelle er sich anders vor. Zumal der Verfassungsschutzmann zuvor vom NSU-Untersuchungssausschuss des Bundestags vernommen worden ist — dort allerdings auch nicht viel Erhellendes zur Rolle des rechtsextremen Spitzels mitteilen konnte oder wollte.

Klar ist zumindest eins — es gab Kontakte von R. zum Nationalsozialistischen Untergrund. Das kam heraus, als die Terrorzelle nach dem Tod der beiden mutmaßlichen Zehnfachmörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in November 2014 aufflog. Bei den anschließenden Ermittlungen wurde auch die Spitzeltätigkeit von R. alias Corelli bekannt. Die ehemalige Größe der Naziszene in Sachsen-Anhalt lebte deshalb in seinen letzten beiden Lebensjahren unter falscher Identität in einem Zeugenschutzprogramm. Kurz nach seinem Tod hätte er eigentlich ein weiteres Mal von Beamten des BKA vernommen werden sollen. Sie fanden ihn tot in seiner Wohnung vor.

Pikant ist Corellis Rolle und seine möglichen Verbindungen zum NSU allemal: Bereits 2005 soll er dem Verfassungsschutz eine CD mit Bilddateien und dem Hinweis auf „NSU/NSDAP“ zugespielt haben. Der Datenträger verschwand zunächst im Archiv. Auch in den Nazi-Fanzine „Der Weiße Wolf“ fand sich ein Hinweis auf die braune Terrortruppe: 2002 schreiben die Macher „Vielen Dank an den NSU.“ Hinter dem Weißen Wolf stehen Carsten S. und Thomas R. — bekannt als die V-Leute Piatto und Corelli.

Laut Ausschuss-Vorsitzendem Wolf soll Corelli einen Draht in die rechte Szene in Dortmund gehabt haben. Die Stadt gilt auch heute noch als Nazihochburg in NRW. Am 4. April 2006 wurde dort Mehmet Kubasik, ein deutsch-türkischer Herkunft, erschossen — mutmaßlich von Mundlos und Böhnhardt. Ob sie dafür Hilfe von lokalen Nazis bekamen, das soll der Ausschuss klären.

Corellis Name stand auf der Telefonliste von Uwe Mundlos.

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