Vorwurf der Vertuschung: Jung kämpft um sein Amt

Bundeswehr: Der Minister steht wegen eines geheim gehaltenen Berichts zum Luftangriff in Afghanistan unter Druck.

Berlin. Knapp drei Monate nach dem von der Bundeswehr angeordneten verheerenden Luftangriff in Afghanistan bringen geheim gehaltene Informationen den früheren Ressortchef Franz Josef Jung (CDU) unter Druck. Demnach hat das Verteidigungsministerium wochenlang Informationen über zivile Opfer sowohl der Öffentlichkeit als auch der Staatsanwaltschaft verschwiegen. Die Bundeswehr hatte am 4.September einen US-Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen angeordnet. Dabei kamen nach Nato-Angaben bis zu 142Menschen ums Leben, darunter 30 bis 40Zivilisten.

Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zog gestern personelle Konsequenzen und entließ Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert. Jung, der mittlerweile Arbeitsminister ist, lehnt einen Rücktritt ab.

Jung war nach Bekanntwerden der Vorwürfe schwer unter Beschuss geraten. Im Bundestag wies er Vorwürfe zurück, nach denen er sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Parlament Informationen verschwiegen habe. Auf Rücktrittsforderungen, die die Oppositionsparteien im Laufe des Tages stellten, ging der Minister in seiner Erklärung nicht ein.

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hatte das Verteidigungsministerium bereits kurz nach dem Luftangriff Hinweise auf zivile Opfer. Jung hingegen sprach von "terroristischen Taliban". Zudem ging der Bericht nicht an die Staatsanwaltschaft. Diese sollte prüfen, ob gegen Oberst Georg Klein, der die Bombardierung angefordert hatte, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte.

Die Opposition warf Jung vor, an mehreren Stellen die Unwahrheit gesagt zu haben. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, offenbar seien Öffentlichkeit und Parlament Informationen "systematisch vorenthalten worden".

Alle drei Oppositionsparteien sprachen sich für einen Untersuchungssauschuss aus. Die Linksfraktion im Hessischen Landtag zeigte den ehemaligen Verteidigungsminister derweil wegen Strafvereitelung im Amt an.

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