Interview mit Christian Hacke Trump als Präsident? „Er wird mit dem Argument punkten müssen, den Leuten Jobs zu beschaffen“

Ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Christian Hacke über Amerika als Firma in der Weltpolitik, Rassismusprobleme und Deutschlands neue Rolle. Zurück zu Seite 2

Interview mit Christian Hacke: Trump als Präsident? „Er wird mit dem Argument punkten müssen, den Leuten Jobs zu beschaffen“
Foto: dpa

Auf welchen Gebieten kann Trump denn politisch erfolgreich werden?

Hacke: In der Innenpolitik. Wenn er Erfolg haben will, wird er einen sogenannten New Deal starten. Er wird sich mit seinen Wall-Street-Freunden bei einem Martini im 23. Stock des Trump Tower treffen — wobei er ja Anti-Alkoholiker ist — und sagen: Leute, wo machen wir jetzt gute Geschäfte? Er will was für die Leute tun, etwa in der Infrastruktur. Er wird nichts Unamerikanisches machen im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung Obamacare. Er wird sie nicht abschaffen, aber einiges modifizieren. Das Entscheidende ist: Er wird mit dem Argument punkten müssen, den Leuten Jobs zu beschaffen. Seine protektionistischen Ansätze bringen langfristig nichts, aber kurzfristig könnte es ihm gelingen, über Daumenschrauben Firmen dazu zu bringen, Jobs in die USA zu verlagern. Ohne freilich das zu tun, was wirklich notwendig ist: die wichtigsten Industrien zu reformieren. Sie können nicht nur mit Apple und Microsoft fliegen. Er wird dann mit allem fürchterlich angeben, aber es ist eben viel mehr Schaum als Realität.

Und in der Außenpolitik?

Hacke: Da habe ich am meisten Sorgen. Er personifiziert ein Amerika, das wir über Jahrzehnte verdrängt haben. Amerika ist nicht nur „New York Times“. Es ist auch die dunkle Seite: Raymond Chandler, Dashiell Hammett, James Lee Burke (alles amerikanische Kriminalautoren) — wenn Sie das lesen, wissen Sie, wovon ich spreche. Da tauchen diese Typen mit brutalem Geschäftssinn auf. Diese Welt präsentiert er.

Amerika also als Firma inmitten der Weltpolitik?

Hacke: Das ginge ja noch, aber es kommt schon darauf an, was für eine Firma das ist. Klar ist für mich: Die Denke, Trump mache sich ernsthaft Gedanken, wie er den Krieg in Syrien oder der Ukraine lösen könnte — das halte ich für selektiv naiv. Das interessiert ihn, glaube ich, gar nicht. Sie haben hier einen unpolitischen, unhistorischen und ungebildeten Mann an der Spitze. Das kann nur befreiend wirken, wenn er lernfähig wäre. Er erscheint aber nicht lernfähig.

Ist Trumps Weg das reinste Chaos oder erkennen Sie Linien?

Hacke: Es ist kalkuliertes Chaos. Er bedient beide Flügel: die Rechtsausleger wie den Stephen Bannon, der glaubt, es gebe einen 70-Jahre-Rhythmus für Kriege. Und auf der anderen Seite bedient er natürlich auch die Gemäßigten. In der Hoffnung, diesen Spagat hinzubekommen. Die Schlüsselfrage ist, wie lange er beide Lager bedienen kann. Und wann welches Lager überwiegt. Er testet das System bis an seine Grenzen aus. Und er ist dabei auch clever. Natürlich können Sie das Impeachment mit einer einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beginnen, aber die Republikaner sind an Trump festgenagelt. Politiker wie McCain finden das nicht alles toll, aber die haben nicht das Sagen. Sie brauchen für ein erfolgreiches Impeachment eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Senats. Es gab in der amerikanischen Geschichte drei Versuche, alle sind gescheitert: Nixon ist vorher zurückgetreten, bei Bill Clinton reichte es nach der Lewinsky-Affäre nicht für eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Und dann haben sie noch Andrew Johnson, den Nachfolger von Abraham Lincoln. Auch seinerzeit verfehlte man die Mehrheit.

Wie muss sich die deutsche Politik gegenüber dem Präsidenten Trump verhalten?

Hacke: Ich habe noch nie eine so glänzende und geschlossene Vorstellung der deutschen Delegation auf der Münchener Sicherheitskonferenz gesehen, wie vor wenigen Tagen. Gerade im Hinblick auf die Frage, wie man mit Trump umzugehen hat. Das war cool, man lässt das an sich abperlen und teilt den Amerikanern mit, dass es mehr als eine militärische Dimension der Sicherheitspolitik gibt. Deutschland betreibt eine kluge Außenpolitik, eine Mischung aus „soft und hard power“ und hat etwas erreicht, was Hillary Clinton erreichen wollte: „smart power“ zu sein. Wir sind die „smart power nation“ der neuen Zeit. Wir machen das gut, ohne Polemik bleiben wir bei uns und unseren Werten. Warten ab und reizen Trump nicht. Kanzlerin Merkel ist die einzige Staatsfrau der Welt, die in Moskau, in Peking und bei den Vernünftigen auch in Washington geschätzt und zum Teil fast verehrt wird. Wir haben international selten so toll da gestanden wie jetzt. Trump wird sehr vorsichtig auftreten, wenn er Merkel trifft. Er könnte sich an ihr die Zähne ausbeißen.

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