Theologe Schorlemmer warnt vor Dämonisierung der DDR

Kritik an Merkels Begriff vom „Unrechtsstaat“.

Berlin. Der Theologe und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer hat vor einer totalen Dämonisierung der DDR gewarnt. Er kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die auf dem umstrittenen Begriff Unrechtsstaat bestehe. Doch mit diesem Begriff werde man dem wirklichen Leben in dem untergegangenen Staat nicht gerecht, sagte Schorlemmer. Er warf Merkel vor, mit dem Begriff rücke sie die DDR in die Nähe zum Nazi-System. "Das ist verlogen und hat offenbar mehr mit dem Wahlkampf gegen die Linke zu tun als mit wirklichem Erleben."

Es ärgere ihn, wenn Merkel auf das Aburteilen der DDR bestehe und auf jene Differenzierungen verzichte, die der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern Ernst Sellering (SPD) zu Recht einfordere. Er bezeichnete die DDR als "ein von der SED verordnetes Paradies mit Austrittsverbot, einen totalen Versorgungsstaat mit einer Zielutopie, für die selbst Mittel Recht waren, die grobes Unrecht darstellten".

Der selbst von der Stasi verfolgte Schorlemmer räumte ein, man müsse das Unrecht, das es in der DDR gab, auch Unrecht nennen. Die Opfer der DDR-Repression brauchten Beachtung, Fürsorge und Entschädigung. Merkel warnte in Berlin auf einer Festveranstaltung zu 60 Jahren Bundesrepublik erneut vor einer Verklärung der DDR. "Das Wesentliche war, dass die DDR auf Unrecht gegründet war", sagte sie. Immer wieder sei in der DDR die Lüge zum Instrument gemacht worden.

Sie distanzierte sich erneut von Aussagen Sellerings, der sich gegen eine Klassifizierung der DDR als Unrechtsstaat wendet. Merkel sagte, dass zwar einzelne Rechtsbereiche in der DDR rechtsstaatlichen Anforderungen genügt hätten. Dies ändere aber nichts daran, dass die DDR nicht mit einem Rechtsstaat zu vergleichen sei.

Die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan, hält den Begriff Unrechtsstaat in der Diskussion über die DDR für untauglich. "Ich kann damit überhaupt nichts verbinden. Es suggeriert, dass in diesem Staat immer nur Unrecht geschehen ist, und das würde ich so nicht aufrechterhalten können", sagte sie.

Auch im Rechtsstaat gebe es Unrecht, etwa, wenn man kein Geld für einen Anwalt habe. Klar sei aber, dass die DDR kein Rechtsstaat gewesen sei. Es habe keine Gewaltenteilung und keine unabhängige Justiz gegeben. Das habe Willkür begünstigt.

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