Terrorverdächtige: Neue Foltervorwürfe bringen US-Geheimdienst in Bedrängnis

Die CIA soll in Litauen ein Geheimgefängnis unterhalten haben. Im Gegenzug durfte der Staat in die Nato.

Washington. Berichte über eine angebliche Folterstätte in einer litauischen Reitakademie bringen den US-Geheimdienst CIA schwer in Bedrängnis. In einer getarnten Reithalle unweit der Hauptstadt Vilnius sollen Terrorverdächtige unter Anwendung brutaler Methoden verhört worden sein.

Besonders unangenehm ist den Regierungen beider Länder, dass als Gegenleistung für den Bau des Geheimgefängnisses sich Litauen Zugang zur Nato verschaffen konnte.

Wie der amerikanische Nachrichtensender ABC berichtete, habe die CIA das Geheimgefängnis unter aktiver Kooperation der litauischen Behörden betrieben.

Demnach bekam der US-Geheimdienst im Jahr 2004 grünes Licht, um auf dem Gelände einer früheren Reitschule in Antaviliai, einem wohlhabenden Vorort etwa 20 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt, ein geräuschisoliertes Backsteingebäude zu errichten. Die Mauern des Folterhauses, das für Passanten wie eine Reithalle aussah, waren so dick, dass die Schreie gefolterter Häftlinge von draußen nicht gehört werden konnten.

Um dem Geheimgefängnis den Anschein der Legitimität zu geben, sollen die Besitzer der früheren Reitakademie im März 2004 das Grundstück an eine Briefkastenfirma der CIA verkauft haben.

Während der darauffolgenden Monate wurden dem Medienbericht zufolge fertige Teile eingeflogen, mit denen in der Halle winzige Gefängniszellen mit Dusche und Toilette sowie ein getrenntes Verhörzimmer gefertigt wurden. Das Geheimgefängnis konnte danach bis zu acht mutmaßliche El Kaida-Mitglieder auf ein Mal beherbergen. Einige seien bis zu einem Jahr festgehalten worden.

Nach Darstellung des Terrorexperten John Sifton "waren sämtliche angewandten Verhörmethoden illegal und verstießen gegen die Warschauer Konvention". Demnach litten Insassen unter Schlafentzug, mussten tagelang aufrecht stehen und wurden in körperlich stressvolle Positionen gezwungen.

Der Fernsehbericht, der von der Regierung in Vilnius scharf kritisiert wurde, schlägt auf beiden Seiten des Atlantiks hohe Wellen. Dem Bau des Gefängnisses, von denen die CIA weitere in Polen und Rumänien betrieb, soll nämlich ein politisch zwielichtiges Tauschgeschäft zwischen Vilnius und Washington vorausgegangen sein.

Anlässlich eines Besuchs des damaligen US-Präsidenten George W. Bush 2002 stimmte die litauische Regierung dem Geheimgefängnis angeblich unter der Voraussetzung zu, dass sich die USA für eine Nato-Mitgliedschaft des osteuropäischen Staats einsetzen. In den Monaten danach warben US-Diplomaten bei der Nato eifrig für die Aufnahme Litauens, das 2004 der Organisation formal beitrat.

Noch in demselben Monat begann der Bau der Folterstätte. Ende 2005, nachdem US-Medien Gerüchte über das Geheimgefängnis veröffentlichten, wurde das Gefängnis geschlossen. Wenige Monate später ordnete Bush an, dass die als besonders gefährlich geltenden Verdächtigen in das Gefangenenlager auf Guantanamo Bay gebracht werden.

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