Terror in der früheren Hippie-Hochburg

Der Anschlag auf die „German Bakery“ torpediert die Annäherung zwischen Indien und Pakistan.

Neu Delhi. Das Szene-Lokal war ein leichtes Ziel - und aus Sicht der Terroristen ein lohnendes. Die "German Bakery" in der westindischen Millionenmetropole Pune ist bei Ausländern ebenso wie bei Indern beliebt. In solchen Cafés finden keine Sicherheitskontrollen statt.

Unter einem Tisch versteckten der oder die Attentäter einen Rucksack mit einer Bombe. Als der Sprengsatz am Samstagabend detonierte, richtete er ein Blutbad an. Meist junge Menschen starben, unter den Verletzten ist auch eine 50-jährige Deutsche. Der Anschlag könnte der Versuch sein, die Friedensgespräche zwischen Indien und Pakistan zu torpedieren, die die Atommächte nach langer Eiszeit wieder aufnehmen wollten.

Indien hatte die Verhandlungen mit dem Erzfeind nach der Terrorserie von Mumbai Ende 2008 ausgesetzt. Damals hatten muslimische Extremisten mehr als 160 Menschen getötet. Die Regierung in Neu Delhi machte eine aus Pakistan operierende Terrorgruppe für das dreitägige Massaker verantwortlich, das am 26. November 2008 begann und zu schweren Spannungen zwischen den beiden Nachbarstaaten führte - zeitweise wurde befürchtet, es könnte zum Krieg kommen. In der Alltagssprache der Inder hat sich "26/11" als Begriff für die Terrorserie eingebürgert.

"Deutsche Bäckereien" sind ein Überbleibsel der Hippie-Kultur in Indien und vor allem da zu finden, wo die Aussteiger von einst ihre Zelte aufschlugen. Auf Goa etwa gibt es immer noch etliche "German Bakeries", die nicht von Deutschen geführt werden. Heute handelt es sich meist um preiswerte Restaurants, die viele Touristen besuchen.

Auf dem Hippie-Treck nach Indien war Pune damals ein beliebtes Ziel, Hunderttausende pilgerten zu Guru Bhagwan Sri Rajneesh, der sich Osho nannte. Noch heute zieht das Osho-Aschram viele an, doch sind es längst nicht mehr vorrangig Aussteiger. Selbst Investmentbanker meditieren inzwischen dort. Auch Pune hat sich dramatisch verändert: Die einst Poona genannte Stadt, in der Erinnerung vieler Westler als Aussteiger-Hochburg verklärt, hat sich längst zur Wirtschaftsmetropole gemausert. Bis zum vergangenen Samstag galt Pune als sicher.

Zwar ist unbekannt, wer das Blutbad in Pune verantwortet. Klar ist aber, wem der Anschlag in die Hände spielt: den Gegnern der Friedensgespräche zwischen Indien und Pakistan, die auf beiden Seiten der Grenze zu finden sind. In Pakistan laufen muslimische Extremisten gegen Versöhnungsbemühungen mit Neu Delhi Sturm, in Indien stemmen sich Hindu-Nationalisten gegen Zugeständnisse an Islamabad. Nach mehr als 14 Monaten Pause wollten die Nachbarstaaten die Verhandlungen am 25. Februar wieder aufnehmen.

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