Steuersünder-Datenhandel macht Ländern zu schaffen

Berlin/Düsseldorf (dpa). Das wachsende Angebot von Datendeutscher Steuersünder, die ihr Geld im Ausland vor dem Fiskusverbergen, macht gleich mehreren Bundesländern zu schaffen.

Während inBaden-Württemberg und Bayern noch geprüft wird, ob die von anonymenHändlern angebotenen Daten-CDs gekauft und ausgewertet werden können,haben Fahnder aus Nordrhein-Westfalen nach „Focus“Informationen bereitsVerhandlungen mit einem Anbieter in Frankreich aufgenommen. DieDiskussion darüber, ob Informationen über Schweizer Konten und derenInhaber von staatlichen Stellen gekauft und genutzt werden dürfen, gingam Wochenende weiter.

Wuppertaler Ermittler hätten in Frankreich den Anbieter einer CD mitrund 1500 deutschen Kundendaten einer Schweizer Bank getroffen, meldete„Focus“. Das Düsseldorfer Finanzministerium bestätigte dieInformationen des Magazins nicht. „Das ist Sache der handelndenPersonen“, sagte eine Sprecherin.

Am Donnerstag hatte Nordrhein-Westfalen die rechtliche Prüfung eines Kaufs der Steuer-CDabgeschlossen. Danach machen sich die Behörden nicht strafbar - diegestohlenen Beweismittel sind in Steuer- und Strafverfahren verwertbar.Bund und Länder wollen das Honorar des Informanten von 2,5 MillionenEuro je zur Hälfte übernehmen.

In Baden-Württemberg bahnt sich in der Debatte über den Kauf weitererSteuersünder-CDs ein Koalitionskrach an. Finanzminister Willi Stächele(CDU) will einen Datenträger, der seinem Ministerium angeboten wurde,unbedingt kaufen - der liberale Justizminister Ulrich Goll ist striktdagegen. „Ich will keine dubiosen Geschäfte mit dubiosen Leuten, diedubiose Motive haben“, so Goll. Das Stuttgarter Kabinett will an diesemMontag in einer Sondersitzung darüber beraten.

Auch Bayern liegt ein Angebot für Daten möglicher Steuersünder vor. DieEntscheidung über den Erwerb liege beim bayerischen Finanzministerium,hieß es dazu am Sonntag in der Staatskanzlei. Ministerpräsident HorstSeehofer (CSU) habe aber darauf hingewiesen, dass ein Ankauf nurgeschehen dürfe, wenn die Daten auf rechtsstaatlichem Wege erworbenworden seien. Nach „Spiegel“- Informationen handelt es sich um Datenvon Kunden einer kleineren Bank in der Schweiz sowie einesGeldinstituts in Luxemburg.

Die Berliner Steuerverwaltung kann sich nach dem „Focus“-Bericht überdie Selbstanzeige eines Steuersünders freuen, der 4,5 Millionen Euroschuldet. Er werde jetzt seine Steuerschuld umgehend begleichen. Damitwären die potenziellen Kosten für den Kauf der NRW-Daten von 2,5Millionen Euro für den Fiskus schon mehr als refinanziert. Die BerlinerFinanzverwaltung bestätigte den Fall zunächst nicht.

Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) hofft auf weitereSelbstanzeigen. „Das ist ein zwar spätes, aber nicht zu spätesBekenntnis zur eigenen sozialen Verantwortung“, sagte er der DeutschenPresse-Agentur dpa. Bei einer Selbstanzeige drohe dem Betroffenen keineStrafe, er müsse nur Steuern und Zinsen nachzahlen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte im „Focus“ klar:„Den CD-Ankauf als Geschäft für den Staat zu bezeichnen, ist falsch.Das ist kein Geschäft, sondern der Vollzug von Gesetzen. DieSteuerverwaltung setzt geltendes Recht um. Mehr nicht.“

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatindes grundsätzliche Bedenken: „Die Pflicht des Staates, Straftaten zuverfolgen, bezieht sich nicht allein auf die Verfolgung derSteuerhinterziehung, sondern ebenso auf die Verfolgung desDatendiebstahl“, sagte sie der „Frankfurter AllgemeinenSonntagszeitung“. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Anreizefür die Begehung von Straftaten entstünden.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte eine gemeinsameHaltung aller Länder. Deutschland gebe „ein fatales Bild ab, wenn sichin einzelnen Bundesländern Schutzräume für Steuerkriminelle entwickeln,die in anderen Ländern hinter Gittern landen“, argumentierte derBundesvorsitzende Rainer Wendt. „Es käme einem Treppenwitz desFöderalismus gleich, wenn diese Frage nunmehr nach dem Geschmackeinzelner Landesminister entschieden würde.“

Das Bankgeheimnis ist nach Ansicht Schäubles in Europa am Ende - auchin der Schweiz. „Das Bankgeheimnis hat deshalb keine Zukunft mehr, weilwir heute in Europa eine andere Auffassung eines Rechtsstaats haben“,sagte er der „NZZ am Sonntag“. „Die Schweiz weiß, dass sie nicht nurfür ehrenwerte Bürger ein Zufluchtsort gewesen ist“, fügte er hinzu.

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