Libyen: Waffenlieferungen spalten die Nato

Im Bündnis ist ein Streit darüber entbrannt, ob die Rebellen im Kampf gegen Gaddafi unterstützt werden sollen.

Brüssel. Die Nato übernimmt die Führung des internationalen Militäreinsatzes in Libyen — im Marine-Hauptquartier Neapel sind Militärs nach Seeblockade und Flugverbotszone nun auch zuständig für den Schutz der Zivilisten und damit für Militärschläge gegen Soldaten von Diktator Muammar al-Gaddafi. Gleichzeitig befindet sich das Bündnis bereits in einem politischen Zwei-Fronten-Krieg.

Einerseits sorgten die USA für Streit innerhalb der Allianz, indem Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton Waffenhilfe für die Rebellen gegen Gaddafi nicht ausschließen wollten — ähnlich wie Frankreich und Großbritannien.

Andererseits warnte Russland die Nato unüberhörbar vor einer „kreativen Auslegung“ der Resolution des UN-Sicherheitsrates mit der Nummer 1973. Moskau sehe im Vorgehen der Allianz in Libyen einen „Testfall“ für die künftigen Beziehungen zur Nato, sagte Russlands Nato-Botschafter Dmitri Rogosin.

Obama hatte am Dienstag Waffenhilfe für die Rebellen „nicht ausschließen und nicht einschließen“ wollen. Und nach der Londoner Libyen-Konferenz meinte Clinton, nach Ansicht der USA habe die Resolution „das absolute Verbot von Waffenlieferungen an jeden in Libyen außer Kraft gesetzt“. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hielt ungewöhnlich klar dagegen: „Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen.“

Die UN-Resolution verlangt eine „strikte Anwendung“ des Waffenembargos und die Verhinderung von Waffenlieferungen „in die oder aus der Libyschen Arabischen Jamahirya“. Wo Clinton in der Resolution eine Öffnung für Waffenhilfe an die Rebellen sieht, sagte sie nicht. Der möglichen Argumentation, das von den Rebellen kontrollierte Gebiet sei nicht mehr Teil der im Text erwähnten „Jamahirya“, des von Gaddafi ausgerufenen „Volksstaates“, dürfte kaum ein Nato-Partner folgen, sagten Diplomaten.

Italien lehnte Waffenlieferungen an die Rebellen als „kontroverse, extreme Maßnahme“ ab. Auch Spanien betonte, das Waffenembargo gelte für alle. Der britische Premier David Cameron erklärte hingegen, seiner Ansicht nach erlaube die Resolution die Bewaffnung der Rebellen „unter bestimmten Umständen“ wie zum Schutz von Zivilisten. Und Frankreichs Außenminister Alain Juppé sagte, die Resolution sehe keine Waffenlieferungen vor, man könne aber darüber reden.

Unangenehm berührt zeigten sich Nato-Diplomaten. Auf die Frage, ob die Nato in Erwägung ziehe, US-Waffenhilfe für libysche Rebellen mit Gewalt zu stoppen, hieß es: „Wir lesen die Resolution so, dass sie alle Waffenlieferungen nach Libyen verbietet. Und wir kontrollieren das Embargo völlig unparteiisch.“

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