Die Silvesternacht von Köln Was wusste die Staatskanzlei? Gegenwind nach Bericht zu Übergriffen

Viele Fragen sind nach der Kölner Silvesternacht aufgekommen. Wer wusste von der Brisanz der sexuellen Übergriffe? Und wann? Nach einem Zeitungsbericht war das Umfeld von Ministerpräsident Kraft frühzeitig informiert. Die Opposition schäumt, die Staatskanzlei winkt ab.

Die Silvesternacht von Köln: Was wusste die Staatskanzlei? Gegenwind nach Bericht zu Übergriffen
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Düsseldorf (dpa). Einen Tag vor der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Kölner Silvesternacht kommen Fragen auf, wie gut das direkte Umfeld von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft über die Brisanz der Vorfälle informiert war. Bislang war nur bekannt, die „Staatskanzlei“ sei am Nachmittag des 1. Januar durch das Lagezentrum informiert worden - nach Angaben von Staatskanzlei und Innenministerium in einem Standard-Verfahren, weil wegen der Straftaten mit dem Justizministerium ein zweites Ressort betroffen gewesen waren.

Der „Express“ (Köln) zitiert aus Unterlagen des Innenministeriums, die politische Spitze sei „aufgrund der exponierten Örtlichkeit und dem möglichen Sachzusammenhang mit der Flüchtlingsthematik“ frühzeitig informiert worden. Die Staatskanzlei bezeichnete die Informationen des „Express“ als bekannt. „Dass eine Leitstelle eine Mitteilung macht in diesen Fälle, ist ein übliches Verfahren. Wie bereits mehrfach dargestellt, war die Dimension der Ereignisse in der Silvesternacht in Köln aber zu diesem Zeitpunkt am Neujahrstag nicht erkennbar“, hieß es aus der Staatskanzlei auf Anfrage.

Laut „Express“ sollen unter anderem sowohl Krafts Sprecher Thomas Breustedt als auch die Amtschefin der Staatskanzlei, Anja Surmann, und weitere Mitarbeiter Krafts bereits am Neujahrstag über sexuelle Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof in Kenntnis gesetzt worden sein. Die entsprechende Meldung zu „Wichtigen Ereignissen“ (WE) sei an die Postfächer gemailt worden. Dies sei auch dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Kölner Ereignissen bekannt, hieß es aus der Staatskanzlei.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte dem Innenausschuss des Landtages Mitte Januar mitgeteilt, die Meldungen seien „nicht persönlich an die Ministerpräsidentin oder den MCdS„ (Minister und Chef der Staatskanzlei) gegangen. Die Staatskanzlei hatte dem „Express“ zufolge auf Anfrage mitgeteilt, Kraft sei nicht selbst informiert gewesen, Staatskanzleichef Franz-Josef Lersch-Mense habe keinen direkten Zugriff auf den MCdS-Büro-Account.

Die oppositionelle CDU reagierte umgehend auf die Veröffentlichung des „Express“ und waren der Landesregierung Vertuschung vor. „Die neuen Aufdeckungen machen fassungslos“, sagte Ina Scharrenbach, die Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss. „Die Ministerpräsidentin hat im Landtag und in der Öffentlichkeit „lückenlose Aufklärung“ zugesagt und versprochen: „Da wird nichts vertuscht“.“ Erneut forderte Scharrenbach, Innenminister Jäger in den Ausschuss vorzuladen.

FDP-Chef Christian Lindner sagte dem „Express“ (Montag): „Es verdichtet sich der Eindruck, dass die Verantwortlichen in der Regierung nicht für Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit sorgen wollten - sondern das Gegenteil.“ Sei das engste Umfeld der Ministerpräsidentin am 1. Januar bereits über die Lage in Köln im Bilde gewesen, werde „aus der Affäre Jäger nun auch eine Affäre Kraft“.

In der Silvesternacht war es in Köln massenhaft zu Straftaten gekommen. Entsetzen hatten vor allem die sexuellen Übergriffe auf Frauen ausgelöst.

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