Die Silvesternacht von Köln Silvesternacht von Köln: U-Ausschuss streitet um Abschlussbericht

Wie konnte es an Silvester 2015/2016 in Köln zu den massiven Übergriffen auf Frauen kommen? Der Landtags-Untersuchungsausschuss will Antworten liefern. Doch ein Entwurf des Abschlussberichts, in dem die Landesregierung scharf kritisiert wird, sorgt für Streit.

Mit einer Ortsbegehung nahmder Ausschuss im vergangenen Jahr seine Arbeit auf. Mitte: Ausschuss-Vorsitzender Peter Biesenbach (CDU).

Mit einer Ortsbegehung nahmder Ausschuss im vergangenen Jahr seine Arbeit auf. Mitte: Ausschuss-Vorsitzender Peter Biesenbach (CDU).

Foto: Oliver Berg

Düsseldorf. Im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur Kölner Silvesternacht ist ein heftiger Streit um einen Entwurf des erwarteten Abschlussberichts entbrannt. Nach Bekanntwerden des Papiers, in dem die rot-grüne Landesregierung scharf kritisiert wird, erhoben SPD und Grüne am Freitag schwere Vorwürfe gegen den Ausschussvorsitzenden Peter Biesenbach (CDU). „Aufgrund des Zeitpunkts der Veröffentlichung gehen wir davon aus, dass der Entwurf aus dem Umfeld des Vorsitzenden Peter Biesenbach oder von ihm selbst durchgestochen wurde“, teilte Grünen-Obmann Matthi Bolte mit. Biesenbach bezeichnete die Anschuldigung gegen ihn als „Spekulation“, die er zurückweise.

Bolte kündigte eine Prüfung an, ob mit der Veröffentlichung des Papiers gegen das NRW-Untersuchungsausschussgesetz verstoßen worden sei. Er warf dem Vorsitzenden „Eigenvermarktung“ vor. SPD-Obmann Hans-Willi Körfges erklärte, die Unabhängigkeit Biesenbachs sei durch den Vorgang schwer belastet. Als „irritierend“ bezeichnete FDP-Obmann Marc Lürbke den Weg des Entwurfs an die Medien. Über den Entwurf hatten zuerst der „Express“ und die „Rheinische Post“ (Freitag) berichtet.

In dem Papier wird den Berichten zufolge massive Kritik am Vorgehen der Verantwortlichen geübt. „Die Übergriffe der Silvesternacht 2015/2016 hätten, zumindest weitgehend, verhindert werden können, wenn schon bei den ersten Straftaten frühzeitig und entschlossen durchgegriffen worden wäre. Für ein solches Vorgehen fehlten der Überblick und die nötigen Kräfte“, zitiert der „Express“ aus dem Entwurf. Die Reduzierung der angeforderten Kräfte durch das Land wird demnach als „grober Fehler“ mit „fatalen Folgen“ bewertet.

Angeprangert wird auch die Öffentlichkeitsarbeit von Polizei und Landesregierung, die zu wenig auf Aufklärung ausgerichtet gewesen sei. „Die falsche und irreführende Kommunikation der Behörden über die Ereignisse sowie die über Tage ausbleibende Reaktion der politisch Verantwortlichen haben bei vielen Betroffenen und ihren Familien aus Unverständnis Wut werden lassen“, zitiert der „Express“.

Nach Informationen der „Rheinischen Post“ dokumentiert der Entwurf des Vorsitzenden, der die Zustimmung der Ausschussmitglieder braucht, auf über 1000 Seiten unter anderem die polizeilichen Einsatzfehler in der Nacht.

Das Papier war am Donnerstag den Mitgliedern des Aufklärungsgremiums übermittelt worden. „Dieser Entwurf enthält die Bewertung des Ausschuss-Vorsitzenden, wie sie sich aus der Beweisaufnahme ergibt“, erklärte Biesenbach. Bei der Abfassung seien Wünsche und Anregungen der Fraktionen berücksichtigt worden. Zudem seien Änderungsanträge möglich. Am kommenden Donnerstag will der Ausschuss abschließend darüber beraten.

Die Bewertung, die Taten hätten verhindert werden können, sei Unsinn, sagte Simone Brand von der Piratenfraktion. „Aus den Ereignissen der letzten Jahre war nicht zu erahnen, dass es zu solchen massenhaften Übergriffen kommen würde.“ Die CDU-Fraktion kündigte Änderungsvorschläge an, etwa zu umfassenderen Handlungsempfehlungen.

Am Kölner Hauptbahnhof waren in der Silvesternacht 2015/2016 Hunderte Frauen drangsaliert, ausgeraubt und sexuell belästigt worden. Bei der Staatsanwaltschaft Köln gingen mehr als 1200 Strafanzeigen ein, mehr als 500 davon bezogen sich auf Sexualdelikte. Doch nur ein Bruchteil der Beschuldigten wurde bisher verurteilt, in der Mehrzahl wegen Diebstahls oder Hehlerei. Der Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags soll aufklären, wie es zu den Übergriffen kommen konnte. (dpa)

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