Jetzt geht es auch den Schweinen an den Kragen

Ein Großteil der betroffenen Höfe liegt in Niedersachsen. Die Bauern wollen klagen.

Walsrode. Die Folgen des Dioxin-Skandals kommen die Bauern teuer zu stehen. Von unmittelbarer Existenznot möchte zwar noch kein Landwirt öffentlich sprechen. Doch von den bundesweit rund 4700 betroffenen Betrieben sind 95 Prozent aus Niedersachsen. Die Landwirte dort rüsten sich für den juristischen Kampf um die Erstattung ihrer Einnahmeausfälle. Und es braut sich weiterer Unmut zusammen, seitdem klar ist: Neben Geflügelproduzenten sind auch Schweine- und Rinderzüchter betroffen.

„Wir habe viel Wut im Bauch“, klagt Welf Klaer. Der 54-Jährige aus Schneverdingen bei Soltau bewirtschaftet neben 100 Hektar Ackerfläche eine Schweinehaltung, pro Jahr verkauft er etwa 1400 Tiere. „Bis zum Dienstag konnte man mir ein gutes neues Jahr wünschen“, erzählt er. Dann erfuhr er, dass auch er belastetes Futtermittel erhalten hatte. 150 Schweine seien sofort aus dem Verkehr gezogen worden. „Ich habe Verständnis für die Verbraucher. Keiner möchte etwas kaufen, was nicht korrekt ist“, sagt Klaer. Sollte er die Tiere töten müssen, verschwänden aber „Einkünfte von einem Jahr“.

Besorgt ist auch der oberste Landwirt des Landes. „Wir werden ganz sicher mit der Kraftfutter-Industrie reden müssen. Es ist hier Kriminalität am Werk gewesen“, schimpft der Präsident des Landesbauernverbands, Werner Hilse. Ein Unternehmen wie der schleswig-holsteinische Fettproduzent Harles und Jentzsch hätte niemals ausliefern dürfen, sagt Hilse. Der Verband lässt nun die rechtliche Lage klären.

Ehe sich Ansprüche stellen lassen, muss aber die Schadenshöhe feststehen. Aber der Bauernchef befürchtet: „Wir werden mit Sicherheit keinen hundertprozentigen Ausgleich bekommen.“

Zu dem vom Deutschen Bauernverband geforderten Entschädigungsfonds geben sich die Niedersachsen abwartend. Nicht jeder gesperrte Betrieb sei gleichermaßen von der Futtermittel-Panscherei heimgesucht worden, betont Hilse. „Es wird in jedem Fall unterschiedlich sein, ob man Regress bekommen kann.“ Die derzeit 25 erfassten Lieferanten würden in die Pflicht genommen. Ein Pauschalverdacht gegen die Branche sei jedoch ungerechtfertigt.

Die Wurzel des Übels liegt nach aktuellem Stand weiter bei dem Futterfettanbieter aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen. Dort wurden bereits im März 2010 erhöhte Dioxinwerte gemessen. „Die Preissenkungen, die nun folgen — das wird noch ein langwieriger Prozess“, glaubt Hilse. Der beginnende Einbruch der Marktpreise bei Fleisch, Eiern und Milch sorgt für Angst.

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