Analyse Bürgermeisterwahlen: Die CDU kann auch „Land“ nicht mehr

Die CDU hat nicht nur das Neusser Rathaus an die SPD verloren, sondern selbst den einst schwarzen Wallfahrtsort Kevelaer.

Analyse: Bürgermeisterwahlen: Die CDU kann auch „Land“ nicht mehr
Foto: Bischof

Düsseldorf. Armin Laschet, Landeschef der CDU, präsentierte sich am Montag mit anlasslos guter Laune: „Auch in Großstädten kann man mit den richtigen Persönlichkeiten als CDU Wahlen gewinnen“, so Laschet mit Blick auf Bonn und Oberhausen. Diesen Kurs hatte er schon auf dem Landesparteitag im Juli ausgegeben und Mönchengladbachs OB Hans Wilhelm Reiners als Vorbild für die Strategie „Mehr Person, weniger Partei“ genannt.

 Mit einem Vorsprung von 18 Prozentpunkten räumte der SPD-Landtagsabgeordnete Reiner Breuer die CDU-Hochburg ab.

Mit einem Vorsprung von 18 Prozentpunkten räumte der SPD-Landtagsabgeordnete Reiner Breuer die CDU-Hochburg ab.

Foto: Stadt Neuss/dpa

Nach der Bürgermeisterwahl vom Sonntag müsste die Bilanz wohl richtig lauten: Das Personal der CDU kann in seiner Masse nicht nur Stadt nicht, es kann nicht einmal mehr richtig Land.

Die Christdemokraten fuhren teils Ergebnisse ein, die noch vor wenigen Jahren nicht einmal denkbar gewesen wären. Beispiel Kreis Kleve: Über Jahrzehnte war der linke untere Niederrhein so schwarz, dass die SPD dort als eine bessere Art Polit-Sekte für geborene Verlierer galt. Nach dem Verlust etlicher Ratsmehrheiten bei der Kommunalwahl purzelten am Sonntag die Chefsessel in den Rathäusern hinterher. Das einstige CDU-Kernland wird bunt.

Am Sonntag siegte in Kevelaer, dem schwarzen, konservativen, katholischen Marienwallfahrtsort, ein langhaariger Sozialdemokrat über den CDU-Amtsinhaber; da wäre die Bevölkerung noch vor 20 Jahren aus Angst vor dem Kommunismus über den Rhein geflohen. Mindestens so unvorstellbar: In Kleve, dem schwarzen Herz des früheren Wahlkreises von Ronald Pofalla, verlor der CDU-Kandidat mehr als 30 Prozent der Zustimmung seines Vorgängers und landete bei 23,38 — gegen eine politisch unerfahrene Verwaltungsmitarbeiterin, die von SPD, FDP und einem Bürgerbündnis ins Rennen geschickt wurde. Das Rathaus im Altbierdorf Issum — verloren an die SPD. In Geldern und Goch stehen die nächsten absehbaren CDU-Niederlagen bei der Stichwahl an.

Am härtesten trifft die CDU der Verlust von Neuss. Dort hatte sie als Nachfolger des legendären Herbert Napp („Der Vesuv von Neuss“) einen 68-jährigen Rentner als Kandidaten aufgestellt: Thomas Nickel, Präsident des allmächtigen örtlichen Schützenvereins, entsprechend sehr katholisch = 36 Prozent.

Mit einem Vorsprung von rund 18 Prozentpunkten räumte der SPD-Landtagsabgeordnete Reiner Breuer (Foto: dpa) die CDU-Hochburg ab. Das Ergebnis war höchstens in seiner Höhe eine Überraschung, tatsächlich wird die Neusser CDU von ihrem Vorsitzenden Jörg Geerlings seit zehn Jahren in den Niedergang geführt. 2012 verlor Geerlings sein eigenes Landtagsmandat gegen den neuen Bürgermeister Breuer. Im vergangenen Jahr ging die sichere Ratsmehrheit verloren. Am Sonntag nun das Rathaus.

Dass das so weitergeht, ist bereits sichergestellt. Wahlverlierer Nickel kündigte am Montag an, er lasse sich nicht zum Sündenbock machen und werde „als stellvertretender Bürgermeister und Ratsmitglied weitermachen — so wie bisher.“ Und offenbar denkt auch der Vorsitzende Geerlings nicht an Rücktritt. Im Januar hatte er verkündet, 2017 wieder für den Landtag kandieren zu wollen. Armin Laschet hat allen Grund, sich sehr ernste Sorgen zu machen.

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Der indischstämmige CDU-Kandidat Ashok-Alexander Sridharan entschied in Bonn mit 50,06 Stimmen das Rennen um den OB-Posten haarscharf für sich. Die SPD hatte seit 1994 den Oberbürgermeister gestellt. Jahrzehntelang waren die Sozialdemokraten in Oberhausen an der Macht: Nun steckte die SPD in Oberhausen eine herbe Niederlage ein. CDU-Kandidat Daniel Schranz entschied die Wahl mit 52,5 Prozent der Stimmen klar für sich. Er ließ SPD-Konkurrent Apostolos Tsalastras mit 37,7 Prozent weit hinter sich. Eine jahrzehntelange CDU-Ära endete in Neuss (siehe Artikel links). Auch die FDP konnte Erfolge landen. In Stemwede und Steinfurt können die Liberalen mit dem bisherigen Landtagsabgeordneten Kai Abruszat und mit Claudia Bögel-Hoyer die Bürgermeister stellen.

Bad Münstereifel Der örtliche SPD-Kandidat Werner Esser (57) brach kurz vor Schließung der Wahllokale zusammen. Mitstreiter versuchten noch, ihn wiederzubeleben. Doch er starb am Wahlabend in einer Klinik. Die Bürgermeister-Wahl (Esser hatte 44,7 Prozent der Stimmen bekommen) muss nun wiederholt werden.

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