Der Bundespräsident versucht sich im Alltag

Christian Wulff hatte am Freitag seinen ersten offiziellen Auftritt 2012. Doch seine Kreditaffäre lässt ihn nicht los.

Berlin. Bundespräsident Christian Wulff will mit Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel die Kredit- und Medienaffäre hinter sich lassen, doch die Diskussion über seinen Anruf bei „Bild“ geht weiter. Auch zur Darstellung der Modalitäten des Hauskredits gibt es nach wie vor unterschiedliche Varianten. Am Freitag versuchte Wulff zum normalen Amtsalltag zurückzufinden — im Schloss Bellevue begrüßte er 50 Sternsinger zum Dreikönigsempfang.

Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte: „Die Bundeskanzlerin hat große Wertschätzung für Christian Wulff“ — als Mensch und als Bundespräsident. Die Erklärungen Wulffs im Fernsehinterview seien ein wichtiger Schritt gewesen, das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen.

Seibert betonte: „Das Amt des Bundespräsidenten ist eines, das man mit großer Achtung behandeln muss — und zwar von außen wie von innen.“ In der Mischung aus Transparenz und seiner täglichen Arbeit könne Wulff Vertrauen zurückgewinnen. Er fügte hinzu: „Es wird so sein — und da hat die Bundeskanzlerin volles Vertrauen — , dass der Bundespräsident auch alle weiteren relevanten Fragen mit der gleichen Offenheit beantworten wird, sollten noch welche auftauchen.“ Es gebe aber keinen Moment, in dem festgestellt werden könne, nun sei ein Thema vorbei.

Wulff selbst äußerte sich beim Empfang der Sternsinger aus dem Bistum Essen nur indirekt zu der Affäre. „Die letzten Wochen waren so, dass man sich das nicht noch einmal zumuten muss, dass ich mich freue, dass das Jahr 2012 losgeht und ich mich meinen eigentlichen Aufgaben zuwenden kann.“ Es war der erste offizielle öffentliche Termin des Staatsoberhaupts im neuen Jahr, und er wurde von einem ungewöhnlich großen Medieninteresse begleitet.

Die BW-Bank widersprach laut „Welt“ der Aussage Wulffs, ein Vertrag für ein langfristiges Darlehen zur Finanzierung seines Hauses sei schon Ende November zustande gekommen. Damals habe man sich mündlich geeinigt, das reiche aber nicht aus, zitierte die Zeitung die Bank. „Ein Kreditvertrag mit Verbrauchern bedarf der Schriftform.“ Diesen habe die Bank Wulff am 12. Dezember geschickt, unterschrieben habe er am 21. Dezember.

Derweil sind gegen den Bundespräsidenten Vorwürfe wegen seiner früheren Tätigkeit als VW-Aufsichtsrat laut geworden. VW-Investoren halten Wulff laut „Wirtschaftswoche“ vor, während der Übernahmeschlacht von Porsche und Volkswagen Pflichten verletzt zu haben. So habe er — als niedersächsischer Ministerpräsident Mitglied im VW-Kontrollgremium — nicht verhindert, dass Anleger getäuscht worden seien. Die Investoren fordern 1,8 Milliarden Schadenersatz. Wulff habe „schweigend und untätig zugesehen, wie Porsche Nutznießer der Kapriolen (an der Börse) wurde und 5,4 Milliarden Euro Beute machte“, zitiert die „Wirtschaftswoche“ aus dem Antrag. Wulff bestätigte über eine Wirtschaftskanzlei, dass ihm ein Antrag auf Einleitung eines außergerichtlichen Güteverfahrens zugestellt worden ist. Er lehnt ein solches aber ab.

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