Ägyptens neuer Optimismus

Einheimische sehen trotz eines wirtschaftlichen Debakels gelassen in die Zukunft.

Hurghada. Die Stimme des Muezzin hallt vom Minarett der Moschee herab durch nahezu menschenleere Straßen, vorbei an geschlossenen Restaurants, verhangenen Geschäften und leeren Shisha-Bars. Die ägyptische Touristenstadt Hurghada gleicht einer Geisterstadt. „Welcome back!“ („Willkommen zurück“) rufen die verbliebenen Händler immer wieder aus ihren Geschäften.

Nach der Revolution und dem Sturz des Despoten Mubarak ist das Land wirtschaftlich am Boden. Dennoch sind die Ägypter voller Hoffnung für die Zukunft. Geschlossen sprechen sie von einem „new spirit“ (einem neuen Geist), der es über die Stadtgrenzen von Kairo in jeden Winkel Ägyptens geschafft hat.

„Natürlich hatte ich Angst um meinen Job, als die Touristen nicht mehr kamen“, sagt Barakat Adb Elrihm, der seit zehn Jahren Souvenirs verkauft. „Wir leben hier schließlich vom Tourismus.“ Er ist aber optimistisch, dass die Gäste schnell wieder mehr werden. Schließlich fänden sie jetzt ein neues, besseres Ägypten vor. „Vorher gab es viele Übergriffe der Polizei auf Händler oder Zivilisten — reine Schikane.“ Das sei jetzt vorbei. „Jetzt haben die Ägypter gelernt, dass sie zusammenhalten müssen“, beschreibt Reiseleiter Osama Yehia die Veränderung.

Sein Kollege Waly wurde während der Unruhen beurlaubt, weil es aufgrund ausbleibender Touristen nichts für ihn zu tun gab. Waly hat die Zeit bei seiner Familie in Kairo verbracht. Auch er beschreibt einen Zusammenhalt aller, ob Anzugträger oder Mittelloser. Nach der Suspendierung der Polizei hätten die Menschen in Kairo Bürgerwehren gebildet, um ihre Häuser mit Stöcken und Steinen vor Plünderern zu schützen.

„Und nach Mubaraks Rücktritt haben wir dann zusammen den Müll von den Plätzen und Straßen geräumt, Geld gesammelt, Farbe gekauft und erst einmal die Bordsteine ordentlich angestrichen“, erzählt er. „Das ist jetzt unser Land, das müssen wir in Ordnung halten.“

Was seit dem 25. Januar passiert ist, kann Mohamed Samir, Geschäftsführer der Red Sea Hotels am Roten Meer, noch immer nicht glauben. „Es gab eine Demonstration. Das kommt vor. Am nächsten Tag ging es weiter. Dann wurde die Protestbewegung immer größer, und dann forderten die Demonstranten den Rücktritt Mubaraks. Und er ist wirklich gegangen. Unglaublich.“

Maja-Jennifer Köhl, Geschäftsführerin des Reiseveranstalters ETI und Mohamed Samirs Frau, ist mit den Kindern während der Unruhen nach Deutschland geflogen. „Die Lage in Ägypten ohne Telefon und Internet war mir nicht ganz geheuer“, sagt sie. Mitte Februar kam der Rücktritt Mubaraks „wie ein Befreiungsschlag“. „Unsere Rückkehr nach Hause war sehr schön. Vor allem für die Kinder. Es war ein tolles Gefühl, in einem freien Ägypten zu landen“, erklärt Köhl.

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