Ratgeber Smartphone im Auto — Was erlaubt und was verboten ist

Nur weil man im Stau steht, darf man noch lange nicht zum Handy greifen. Was gilt bei Nutzung des Geräts zum Abspielen von Musik?

Ratgeber: Smartphone im Auto — Was erlaubt und was verboten ist
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Düsseldorf/Moers. Als ein in der Gesellschaft unterschätztes Problem hat der Verkehrsgerichtstag kürzlich die Gefahren der Handynutzung während des Autofahrens bezeichnet. Es müsse eine gesellschaftliche Ächtung der Nutzung von elektronischen Geräten während des Fahrens erreicht werden. Und der „Automobilclub von Deutschland (AvD) weist darauf hin, was der Blick auf das Display während der Fahrt bedeutet: einen Blindflug, da man schon bei einem Tempo von 50 Stundenkilometern pro Sekunde 14 Meter weit fährt. Bei einer vom AvD durchgeführten Umfrage hätten 72 Prozent der Befragten angegeben, dass sie schon SMS oder WhatsApp-Nachrichten während einer Fahrt gelesen hätten. 53 Prozent sagten, sie hätten schon Nachrichten eingetippt.

Doch auch das Telefonieren während der Fahrt lenkt ab. Wann was verboten ist und wann sich der Fahrer ein Bußgeld oder auch einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei einhandelt — dazu gibt es eine verwirrende Vielfalt von Gerichtsurteilen. Wir sprachen darüber mit dem Moerser Rechtsanwalt Bertil Jakobson vom Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte (VdVKA).

Herr Jakobson, was droht bei Handynutzung am Steuer?

Bertil Jakobson: Bei verbotswidriger Nutzung betragen die Sanktionen für Kraftfahrer seit dem 1. Mai 2014 grundsätzlich 60 Euro. Eine Handynutzung im Zusammenspiel mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung, was in der Praxis häufig vorkommt, kann Auswirkungen auf die Länge eines möglichen Fahrverbotes haben. Viele überschreiten ja gerade deswegen die Geschwindigkeit, weil sie durch das Handy abgelenkt waren. Ein Fahrverbot kann auch dann verhängt werden, wenn ein Kraftfahrzeugführer mehrfach wegen Handy-Nutzung aufgefallen ist. Solche Fälle hatte ich bereits in der Praxis. Ein Fahrverbot ist dann durchaus „erzieherisch sinnvoll“. Bei einem Bußgeld von 60 Euro oder mehr wird ein Punkt in Flensburg im sogenannten Fahreignungsregister eingetragen. Man kann diesen Punkt auch nicht durch Zahlung eines freiwillig höheren Bußgelds abwenden.

Was ist verboten?

Jakobson: Natürlich das Telefonieren mit dem Handy in der Hand. Aber auch schon das Wegdrücken eines ankommenden Anrufs. Und selbstverständlich auch das Schreiben und Versenden einer Textnachricht. Auch darf man nicht das Handy ans Ohr halten, um Musik zu hören.

Darf man denn im Stau telefonieren, wenn also der Wagen steht?

Jakobson: Bei stehenden Kfz im Stau, an der Bahnschranke oder an der roten Ampel ist — entgegen irriger weit verbreiteter Ansicht — eine Nutzung des Mobiltelefons nicht deswegen legal, weil das Auto nicht in Bewegung ist. Entscheidend ist, dass der Motor ausgeschaltet ist. Viele Menschen greifen während der Fahrt intuitiv dann zum Handy, wenn sie verkehrsbedingt, aber eben mit laufendem Motor, halten müssen. Das ist definitiv ordnungswidrig.

Wie ist es, wenn man das Handy mit den darauf gespeicherten Musikdateien als Abspielgerät benutzt: Wäre das erlaubt oder nur dann, wenn man es vor Beginn der Fahrt anstellt und dann während der Fahrt nicht mehr anrührt, etwa um Musiktitel zu überspringen und neue zu suchen?

Jakobson: Wenn das Handy vor Fahrtantritt mit ausgeschaltetem Motor angestellt wird, hätte ich keine Bedenken, wenn man die Musik durchlaufen lässt. Kritisch wird es allerdings, wenn man das Handy bedient, um Musiktitel zu suchen, nachdem der Motor gestartet wurde, aber noch nicht losgefahren wurde. Ebenso während der Fahrt. Gerade ersteres machen vielen Menschen gedankenverloren. Dasselbe gilt auch umgekehrt: Viele fummeln nach Heimkehr von der Arbeit noch am Handy herum, während sie schon vor der Haustüre stehen, aber der Motor noch läuft. Auch das würden Richter in aller Regel als verbotswidrige Benutzung ansehen.

Welche Verteidigungslinie verfolgen Sie, wenn Sie einen Mandanten wegen Handy-nutzung im Auto vertreten?

Jakobson: Meine Aufgabe besteht dann darin, entweder den Nachweis zu erbringen, dass es um ein sehr wichtiges Telefonat ging. Dann besteht die Möglichkeit, dass das Gericht ein Bußgeld verhängt, was nicht zur Eintragung eines Punktes in Flensburg führt. Oder man erbringt den für das Gericht überzeugenden Nachweis, dass der Motor aus war.

Was gilt für Radfahrer?

Jakobson: Fahrzeugführer im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind nicht nur Kraftfahrzeugführer, sondern auch Radfahrer. Es droht eine Sanktion von 25 Euro beim Telefonieren während der Fahrt. Nicht aber, wenn der Radfahrer steht. Das ist der große Unterschied zu Fahrzeugführern.

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