Schäuble will mehr Macht für Brüssel

Finanzminister drückt aufs Tempo. Kurz vor dem EU-Gipfel fordert er mehr Eingriffsrechte in die nationale Etatpolitik.

Brüssel. Der Zeitpunkt mag verwundern: Im pleitebedrohten Griechenland wird immer noch um das neue Sparprogramm gerungen. Und in dieser angespannten Lage werden die EU-Staats- und Regierungschefs von Donnerstag an darüber beraten, wie die Eurozone weiter gegen gefährliche Wirren der Finanzmärkte gerüstet werden kann. Dabei geht es auch um komplizierte institutionelle Fragen, beispielsweise darum, ob der EU-Vertrag von Lissabon geändert werden muss. Dafür tritt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein. Endgültige Entscheidungen wird es aber erst beim Dezember-Treffen geben.

Schäuble drückt aufs Tempo. Er forderte am Dienstag mehr Macht für Brüssel. „Wir müssen jetzt größere Schritte in Richtung einer Fiskalunion machen.“ Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädiert für eine „stärkere fiskalische und politische Zusammenarbeit“.

Viele Investoren sorgen sich, was aus der EU und dem Euro wird. Sie zögern daher, Euro-Krisenstaaten wie Spanien Geld zu annehmbaren Zinsen zu leihen. Das bringt den ganzen Euro-Raum in Schwierigkeiten. Schäuble möchte dieses Misstrauen beseitigen. Er forderte daher, dem EU-Währungskommissar mehr Macht in haushaltspolitischen Fragen zu geben. Dieser sollte auch Länderhaushalte mit zu hohen Defiziten an die nationalen Parlamente zurückverweisen können. Schäuble hatte schon vor dem jüngsten EU-Gipfel im Juni für einen europäischen Finanzminister geworben. „Der hätte ein Vetorecht gegen einen nationalen Haushalt und müsste die Höhe der Neuverschuldung genehmigen“, sagte er damals.

Das Europaparlament sollte laut Schäuble ein Mitspracherecht bei haushaltspolitischen Entscheidungen in Europa haben. Zugleich sollten die Bürgervertreter bestimmte Beschlüsse in kleinerem Rahmen treffen: „Im Europäischen Parlament sollten immer nur die Abgeordneten der Länder über ein Thema abstimmen, die davon betroffen sind.“

In Brüssel wurden die Vorschläge Schäubles interessiert zur Kenntnis genommen. Euphorie kam aber nicht auf, denn Vertragsänderungen müssen von allen 27 EU-Staaten einstimmig beschlossen werden. Der Zeitpunkt sei schwierig, meinte ein Diplomat: So wolle Großbritannien derzeit „nicht mehr Europa, sondern weniger“.

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