Rückendeckung für die Truppe

Der Bundeswehrverband beklagt den Umgang mit den Soldaten und stellt Forderungen auf.

Berlin. Der Bundeswehrverband, Interessenvertretung von rund 200.000 Soldaten, fordert nach den Zwischenfällen in Kundus eine grundlegende Neuausrichtung der Afghanistan-Politik. Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch verlangte am Freitag in Berlin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse das komplette deutsche Afghanistan-Engagement zur Chefsache machen. Die Aktivitäten des Auswärtigen Amtes sowie der Ministerien für Verteidigung, Äußeres, Inneres und Entwicklungshilfe müssten im Kanzleramt gebündelt werden.

Nach dem umstrittenen Luftangriff, verantwortet von Bundeswehroberst Georg Klein in Kundus, beklagte Kirsch den Umgang der hiesigen Justiz mit Soldaten, gegen die nach militärischen Aktionen mit Todesfolge oft langwierig ermittelt wird. Kirsch: "Die deutsche Justiz ist nicht einsatzfest, der Rechtsstatus der Soldaten ist unbefriedigend."

Hintergrund: In Deutschland ist die jeweilige Staatsanwaltschaft des Wohn- oder Dienstortes für die Ermittlungen verantwortlich. Damit wird für jeden Einzelfall eine andere Behörde zuständig, die sich zum ersten Mal mit der Einsatzsituation in Afghanistan zu beschäftigen hat.

Kirsch fordert stattdessen ein neues Bundesgericht mit der Alleinzuständigkeit für Soldaten im Auslandseinsatz wie auf hoher See. Zudem müsse überlegt werden, ob nicht auch Bundeswehrsoldaten dem Kriegsvölkerrecht zu unterwerfen sind. Konsequenz: Strafermittlungen, wie sie jetzt dem für die fatalen Luftschläge in Kundus verantwortlichen Oberst drohen, würden dann unterbleiben.

Justiz- und Verteidigungsministerium lehnen den Vorschlag ab. Begründung: Die Bundeswehr sei in Afghanistan nicht im Krieg, folglich könne auch nicht das Kriegsvölkerrecht in Anspruch genommen werden.

Dem widerspricht Bundesverbandschef Kirsch energisch: "Im Raum Kundus herrscht Krieg." Ohne den Ergebnissen der laufenden Nato-Untersuchung vorgreifen zu wollen, betonte Kirsch, dass der deutsche Oberst "keine einsame Entscheidung" getroffen habe.

Kampfjets anzufordern, gehe nie "ohne Rückversicherungsweg". Kirsch griff Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan massiv an, der es bislang an der nötigen "Rückendeckung" für Oberst Klein und die Soldaten in Afghanistan habe mangeln lassen.

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