Ronald Pofalla geht auf Tauchstation

Der Ex-Kanzleramtsminister äußert sich nicht zum geplanten Wechsel zur Bahn. Die CDU-Basis in seinem Wahlkreis ist empört.

Ronald Pofalla geht auf Tauchstation
Foto: dpa

Berlin. Der geplante Wechsel des ehemaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla hat am Freitag heftige Reaktionen ausgelöst. Unsere Zeitung hatte als erste darüber berichtet. Von der Opposition wurden schärfere Regelungen für den Übergang von Politikern in die Wirtschaft gefordert. Offen ist, ob der 54-jährige CDU-Politiker sein Bundestagsmandat behalten will.

Stinksauer ist die CDU-Basis im Wahlkreis Kleve am Niederrhein. Pofalla ist dort Ehrenvorsitzender und hat das Direktmandat am 22. September mit 50,9 Prozent der Stimmen geholt, zum sechsten Mal. Er habe, berichtete der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Günther Bergmann auf Anfrage, seit dem Vortag an die 50 Anrufe von Mitgliedern bekommen, „die alle irritiert sind, gelinde gesagt“.

Der Tenor laute: „Wir sind im Wahlkampf für den gelaufen und jetzt das“. Viele glaubten zudem, „dass das mit dem neuen Job schon vorher klar war“. Bergmann, der von Pofalla nicht eingeweiht wurde, erinnerte an die letzte Kreisvorstandssitzung am 13. Dezember, die der Kanzleramtsminister um 21 Uhr verlassen habe, ohne ein Wort zu seiner Zukunft zu sagen. „Um 21.24 Uhr kam dann die Ticker-Meldung, dass er nicht mehr als Minister antritt“. Auch jetzt kommuniziere Pofalla nicht.

Er habe versucht, ihn wegen der Bahn-Meldung zu erreichen, aber Pofalla gehe nicht an sein Handy. „Kein Bild, kein Ton“, so der frustrierte CDU-Kreischef. Sollte Pofalla sein Mandat abgeben, würde von der CDU-Landesliste ein Politiker aus dem mehr als 100 Kilometer entfernten Dortmund nachrücken.

Das traditionell konservative Kleve wäre dann zum ersten Mal seit 1949 nicht mehr seitens der CDU im Bundestag vertreten. Der Landeschef der NRW-CDU, Armin Laschet, legte Pofalla dennoch den Mandatsverzicht nahe. Schon einmal ist ein CDU-Politiker in einem solchen Konflikt gescheitert. Norbert Röttgen, ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen, wollte 2007 Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI werden, aber gleichzeitig Bundestagsabgeordneter bleiben. Am Ende verzichtete er angesichts heftiger Proteste schließlich auf den Industriejob.

Das könnte Pofalla auch passieren, denn noch ist sein mit bis zu 1,8 Millionen Euro vergüteter Posten als Vorstandsmitglied der Bahn nicht sicher. Der öffentliche Druck ist groß, wie man am Freitag an zahlreichen Blogeinträgen im Internet sowie an den fast ausnahmslos kritischen Kommentaren in den Medien sehen konnte.

Der Aufsichtsrat der bundeseigenen Bahn muss im März entscheiden; in ihm sitzen drei Staatssekretäre, darunter einer aus dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium. Justizstaatssekretär Ulrich Kelber (SPD) äußerte sich bereits kritisch: Es entstehe der Eindruck, dass Pofalla von der Bahn „gezielt gekauft“ werde, sagte Kelber. Denn er soll für die Kontakte zur Politik in Berlin und Brüssel zuständig sein. Es sei nicht gut, wenn man aus einem Ministeramt direkt in eine Lobby-Funktion wechsle, fand Kelber.

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