Revolte im Zwergstaat Liechtenstein

Eine Volksinitiative will die weitreichende Macht des Fürstenhauses im Steuerparadies einschränken.

Vaduz/Zürich. Sein Staat mag klein sein. Der kleinste deutschsprachige der Welt, der sechstkleinste überhaupt. Doch im Vergleich mit dem deutschen Bundespräsidenten hat Liechtensteins Staatsoberhaupt deutlich mehr Befugnisse. Dennoch wirkt Erbprinz Alois derzeit verschnupft — wegen Liechtensteins kecker Demokratiebewegung: Sie will die Macht des Landesfürsten beschneiden, will im Zwergstaat keinen politischen Riesen neben dem Parlament mehr dulden und stellt damit die konstitutionelle Erbmonarchie im Alpenländle grundsätzlich infrage.

Mit der Volksinitiative „Ja — damit Deine Stimme zählt“ soll das uralte Sanktionsrecht für den Herrn auf Schloss Vaduz per Verfassungsänderung eingeschränkt werden. Bislang bedeutet dieses Veto-Privileg, dass jedes neue oder abgeänderte Gesetz der Zustimmung des Fürstenhauses bedarf. Selbst wenn es im Ergebnis eines Volksentscheids zustande kam, kann der „Landesvater“ es versenken.

Nach dem Willen der Monarchiekritiker soll künftig schlicht und einfach das Volk das letzte Wort haben. Eine entsprechende Initiative für einen Volksentscheid über eine Verfassungsänderung wurde vorige Woche bei der Regierungskanzlei in Vaduz eingereicht. Sie hat Sprengkraft. Das machte die ebenso umgehende wie verärgerte Reaktion aus dem Schloss deutlich.

Mit „Erstaunen“ habe man zur Kenntnis genommen, dass die Forderung lanciert worden sei — „ohne zuvor überhaupt den Kontakt mit dem Fürstenhaus gesucht zu haben“, hieß es in einer Verlautbarung. Dann nämlich hätte man die Initiatoren darauf hinweisen können, dass ihr Ziel allein „nach Artikel 113 der Landesverfassung“ erreichbar sei.

Das ist genau jener Artikel, der die Abschaffung der Monarchie zumindest theoretisch ermöglicht. Das „Liechtensteiner Volksblatt“ brachte die fürstliche Reaktion auf die Formel: „Ganz oder gar nicht.“ Ohne Veto wäre Erbprinz Alois (43) so machtlos wie so manch andere formelle Staatsoberhäupter, etwa Königin Elizabeth II. Schon sein Vater Hans-Adam II. (67), für den Alois seit 2004 amtiert, hatte sich dagegen gewehrt, zum „Grüßaugust“ degradiert zu werden.

Dass nun in Liechtenstein erneut über die Monarchie diskutiert wird, scheint sich der Erbprinz selbst eingebrockt zu haben. 2011 waren die 19 000 Wahlberechtigten aufgerufen, über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abzustimmen. Thronfolger Alois kündigte schon vorher an, eine Legalisierung per Fürsten-Veto zu unterbinden. Die Initiative wurde verworfen. Die Art, wie das Staatsoberhaupt mit dem Veto gewedelt hatte, wurmte viele. Kein Wunder, dass Initiatoren des damaligen Volksentscheids ein neues Thema fanden: das Fürsten-Veto.

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