Regierung treibt künftig Auslands-Knöllchen ein

Wer in einem EU-Land ein Bußgeld ab 70 Euro bekommt, muss vom 1. Oktober an zahlen.

Berlin. Wer im EU-Ausland ein Knöllchen bekommt, kommt ab Oktober um die Zahlung nicht mehr herum. Anders als bisher soll eine Geldbuße oder -strafe ab 70 Euro aufwärts dann von deutschen Behörden eingetrieben werden. Mit dem im Januar vom Kabinett gebilligten Gesetzentwurf setzt Deutschland einen EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2005 um. Die Zustimmung des Bundestags steht noch aus, gilt aber als sehr wahrscheinlich.

Wer bislang eine Zahlungsaufforderung wegen eines Verkehrsdeliktes zum Beispiel in den Niederlanden nicht befolgt, hat keine Strafverfolgung in Deutschland zu befürchten. Teuer kann es nur werden, wenn der säumige Zahler in den Niederlanden erneut auffällt. Dann ist neben der noch ausstehenden Buße zumeist noch ein weiteres Strafgeld fällig.

Mit der neuen Regelung wird der Verkehrssünder ab Oktober weiterhin zuerst von der Kommune im Ausland angeschrieben, in der der Verstoß begangen wurde. Wird das Knöllchen nicht bezahlt, werden die deutschen Behörden aktiv und treiben das Geld bei einer Summe von mehr als 70 Euro ein. Der Vorteil für die deutsche Staatskasse: In diesem Fall darf sie das Bußgeld behalten. Darauf hatte sich die EU 2005 geeinigt, um aufwändige und kostenintensive Berechnungen und Überweisungen zwischen den Staaten zu vermeiden.

Um die Bußgelder eintreiben zu können, will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der "Bild"-Zeitung zufolge das Personal im zuständigen Bundesamt für Justiz um rund 100 Stellen aufstocken. Den zusätzlichen Personalkosten von rund sechs Millionen Euro würden geschätzt mindestens zehn Millionen Euro aus Auslands-Bußgeldern gegenüberstehen, schreibt die "Bild". Diese Zahlen wollte ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage unserer Zeitung nicht bestätigen.

Zu Problemen könnte es nach Ansicht des ADAC aber bei Widersprüchen gegen Bußgeldbescheide kommen. Was passiert zum Beispiel, wenn der Halter des Fahrzeugs nicht selbst gefahren ist? Er könnte dann nur direkt bei der zuständigen Behörde im Ausland Widerspruch einlegen. "In einigen EU-Ländern gibt es aber, anders als in Deutschland, die Halter-Haftung", erklärt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer.

Das heißt, dass die Behörden möglicherweise gar nicht genau ermitteln können oder wollen, wer gefahren ist, weil es in deren Land für den Bußgeldbescheid keine Rolle spielt. In Deutschland dürfte der Halter des Autos aber nicht einfach so belangt werden. "Wie dann entschieden wird, ist noch nicht genau absehbar", sagt Maurer.

Deutsche Behörden wären bei solchen Problemen außen vor. Sie werden erst aktiv, wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.

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