Regierung knöpft sich die Kassen vor

Die Kanzlerin bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Zusatzbeiträge – und kritisiert den Gesundheitsminister.

Berlin. Der Streit um die angekündigten Zusatzbeiträge bei gesetzlichen Krankenkassen hat sich verschärft. Das Bundesverbraucherschutz-Ministerium kritisierte die Informationspolitik der Kassen als "nicht akzeptabel". Nach mehreren Verbraucherbeschwerden befasst sich nun auch das Bundeskartellamt mit den Beiträgen.

Acht Krankenkassen, darunter die DAK und die KKH-Allianz, hatten am Montag Zusatzbeiträge von zumeist acht Euro angekündigt, die die Versicherten zusätzlich zu ihrem Beitrag zahlen müssen. Die DAK will den Extrabeitrag bereits ab Februar nehmen. Diese Information sei "sehr kurzfristig" erfolgt, sagte ein Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) in Berlin. Die Ministerin habe klargestellt, dass die Kassen "mindestens einen Monat, bevor der Zusatzbeitrag fällig wird, darauf hinweisen müssen". Deshalb könne der Zusatzbeitrag frühestens ab März erhoben werden.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich kritisch gegenüber den Krankenkassen. Zusatzbeiträge seien zwar geltende Rechtslage, die Kassen dürften es sich aber auch nicht zu einfach machen, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Die Krankenkassen können die Zusatzbeiträge erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Die Versicherten müssen den Beitrag aus eigener Tasche zahlen.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion soll Merkel gesagt haben, man werde sich genau anschauen, was die Kassen da machen, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung. Die Kassen wiesen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zusatzbeiträge zurück. Die Vorsitzende der größten deutschen Kasse Barmer GEK, Birgit Fischer, warf der Politik Stimmungsmache auf Kosten der Patienten vor.

Kritisch habe sich Merkel auch mit Äußerungen von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auseinandergesetzt, berichtete das "Handelsblatt". Es habe keinen Sinn, immer wieder mit Vorschlägen für die Einführung einer Kopfpauschale voranzupreschen, sagte Merkel laut Teilnehmern. Sie verwies auf die ab 2011 geltende Schuldenbremse. "Dann soll Herr Rösler mal schauen, wie er das haushaltsneutral hinbekommt", wurde Merkel zitiert. Regierungssprecher Wilhelm dementierte das jedoch später. AFP/Red

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