Prognosen: Rückschlag für Unabhängigkeitsplan in Katalonien

Barcelona (dpa) - Die Regierung Kataloniens hat mit ihrem Unabhängigkeitsplan für die Region im Nordosten Spaniens bei einer vorgezogenen Wahl offensichtlich einen Rückschlag erlitten. Nach einer Prognose des katalanischen Regionalfernsehens TV3 erhielten die katalanischen Nationalisten (CiU) von Ministerpräsident Artur Mas bei der Regionalwahl am Sonntag zwar die meisten Stimmen.

Aber sie verfehlten klar die absolute Mehrheit, die sie sich selbst zum Ziel gesetzt hatten. Sie mussten nach den Prognosen obendrein kräftige Stimmenverluste im Vergleich zur vorigen Wahl vor zwei Jahren hinnehmen.

Mas hatte die eigentlich erst in zwei Jahren fällige Wahl in der wirtschaftsstärksten Region Spaniens vorgezogen in der Hoffnung, die absolute Mehrheit zu gewinnen und danach eine Volksabstimmung über die Schaffung eines unabhängigen Staates abhalten zu lassen. Nach der Prognose von TV3 gewann sein Parteienbündnis CiU (Konvergenz und Union) 54 bis 57 der insgesamt 135 Sitze im katalanischen Parlament, deutlich weniger als die absolute Mehrheit von 68 Mandaten und weniger als die 62 Sitze, die die CiU bei der Wahl 2010 gewonnen hatte.

Die großen Gewinner waren die katalanischen Linksrepublikaner (ERC), die noch energischer als Mas für eine Trennung Kataloniens von Spanien eintreten und die nach der Prognose die Zahl ihrer Sitze von bisher 10 verdoppeln konnten. Die marxistisch-separatistische Partei CUP zieht erstmals mit 5 bis 6 Abgeordneten ins Parlament in Barcelona ein. Die großen Verlierer dürften die Sozialisten (PSC) sein, die nach der Prognose des Senders nur auf 16 bis 18 (2010: 28) Mandate kamen. Die konservative Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy konnte entgegen den Umfragen keine Stimmengewinne erzielen, sondern ihre bisherigen 18 Sitze allenfalls behaupten.

Die Wahl galt als die wichtigste in der jüngeren Geschichte Kataloniens, weil die Wähler dabei indirekt auch über die Gründung eines unabhängigen Staates abstimmten. Die Zentralregierung in Madrid will die Einheit Spaniens nicht infrage stellen lassen. Sie hält das von Mas angekündigte Referendum für illegal und will die Abstimmung notfalls durch das Verfassungsgericht unterbinden lassen. 5,4 Millionen Katalanen waren zur Abgabe ihrer Stimme aufgefordert. Die Wahlbeteiligung erreichte nach ersten Erhebungen eine Rekordhöhe.

Der Wahlkampf wurde zuletzt von Korruptionsvorwürfen überschattet. Die Madrider Zeitung „El Mundo“, die der Regierung von Rajoy nahe steht, veröffentlichte Passagen aus einem angeblichen Polizeibericht, wonach Mas und sein politischer Ziehvater Jordi Pujol in einen Finanzskandal verwickelt sein und Gelder auf Konten in der Schweiz verschoben haben sollen. Der katalanische Regierungschef sprach von einer Verschwörung und sagte, die Vorwürfe stammten aus der „Kloake des spanischen Staates“. Das Madrider Innenministerium konnte die Existenz des angeblichen Polizeiberichts nicht bestätigen.

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