Präsident des Kinderschutzbundes: „Kein Vergeben und Vergessen“

Heinz Hilgers, der Präsident des Kinderschutzbundes, greift die Kirche an.

Berlin. Der Stopp des Projekts ist für die Aufarbeitung des Skandals nach Einschätzung des Chefs des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers aus Dormagen, ein herber Rückschlag.

Herr Hilgers, waren Sie von der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut überrascht?

Hilgers: Nein, das hat mich nicht überrascht. Der Institutschef Christian Pfeiffer ist ein selbstbewusster Wissenschaftler, der die Freiheit der Forschung hochhält. Und die katholische Kirche ist eine Institution, die bis zur Einsetzung eines Runden Tisches durch die Bundesregierung vor drei Jahren nur um ihren eigenen Ruf besorgt war, anstatt sich um die Missbrauchsopfer zu kümmern. Das sind völlig verschiedene Interessenlagen, die ganz offenkundig bis heute fortbestehen.

Die Kirche begründet ihren Schritt mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis zu Pfeiffer. Ist das für Sie glaubhaft?

Hilgers: Nein. Ich habe den Verdacht, dass starke Kräfte in der katholischen Kirche jetzt nach der Methode Vergeben und Vergessen arbeiten. Es gibt derzeit keine Missbrauchsskandale, über die berichtet wird, und deshalb glaubt man in Kirchenkreisen offenbar, den Mantel des Schweigens darüber hängen zu können.

Nun gab es Kindesmissbrauch nicht nur unter dem Dach der Kirche, sondern auch in staatlichen Heimen. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Aufarbeitung?

Hilgers: Es gab und gibt Missbrauch in Kirchen, staatlichen Einrichtungen und Familien. Die Aufarbeitung dieser Vorgänge ist völlig unbefriedigend. Der als Reaktion auf die Missbrauchsskandale eingerichtete Runde Tisch hat zwar gute Arbeit geleistet und in seinem Abschlussbericht richtige Vorschläge unterbreitet. Doch die werden von der Bundesregierung nicht umgesetzt.

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