Papst unter Druck: Deutsche Bischöfe gehen auf Distanz

Auch deutsche Politiker lehnen die Rehabilitierung eines Holocaust-Leugners ab. Genscher fordert eine Klarstellung.

Rom/Hamburg. Papst Benedikt XVI. gerät wegen der Wiederaufnahme des Holocaust-Leugners Richard Williamson in die katholische Kirche zunehmend unter Druck. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sprach am Montag von einer "schlechten Entscheidung" des Vatikans.

Das Verhältnis zu den Juden und zur Ökumene habe dadurch "faktisch Schaden erlitten". "Dass in Hinblick auf Williamson nachgearbeitet werden muss, halte ich für sicher." Der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, nahm den Papst dagegen in Schutz. Dessen Aufgabe sei es, für die Einheit der Kirche zu sorgen. Das habe er getan, "nicht mehr und nicht weniger".

Zuvor hatte sich der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, vom Beschluss des Vatikans distanziert und vor einem Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche gewarnt. Der künftige Bischof von Münster, Felix Genn, sagte, den Umgang mit Williamson sollten die Verantwortlichen in Rom noch einmal überdenken.

Auch in der deutschen Politik stößt die Entscheidung des Papstes auf Kritik. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte den Papst auf, die Wiederaufnahme von Williamson zurückzunehmen. Es sei "ein verheerendes Signal, wenn ein deutscher Papst die Entscheidung jetzt nicht zurücknimmt". Ex-Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) rief Benedikt zu einer Klarstellung auf.

Die Entscheidung zu Williamson war auf Empörung gestoßen, weil dieser die Tötung von sechs Millionen Juden durch die Nazis sowie die Existenz der Gaskammern geleugnet hatte. Kritisiert wurde ferner die Entscheidung des Papstes vom Wochenende, den ultrakonservativen österreichischen Priester Gerhard Wagner zum Weihbischof von Linz zu ernennen.

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