Papandreou schockt die EU

Der Vorstoß für ein Referendum hat massive Kritik ausgelöst. Merkel und Sarkozy wollen den Griechen ins Gebet nehmen.

Cannes. Europa ist geschockt, die Märkte verunsichert: Die politische Volte des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou hat die internationale Finanzkrise dramatisch eskalieren lassen.

Bei einem kurzfristig angesetzten Krisengipfel im südfranzösischen Cannes wollten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy den Griechen gestern Abend ins Gebet nehmen. Kern ihrer Strategie: Die Rettung Griechenlands darf nicht verzögert, Gefahren für den Euro und damit für die Weltwirtschaft müssen abgewendet werden.

Bei dem Krisentreffen vor Beginn des G20-Gipfels heute in Cannes soll sich nach dem Willen Merkels und Sarkozys Athen demonstrativ zu seinen Sparversprechen bekennen. Merkel und Sarkozy seien erbost, dass Papandreou sie vor seiner Ankündigung eines Referendums nicht informiert habe, hieß es von Diplomaten.

Der griechische Premier beharrte trotz der massiven internationalen Kritik auf seinem Versprechen, den EU-Rettungsplan einem Referendum zu unterwerfen. Allerdings war zunächst völlig offen, wie die Volksbefragung genau formuliert werden könnte. Abgestimmt werden soll wohl im Januar. Zunächst steht Papandreou eine andere Hürde bevor: Bereits morgen will er die Vertrauensfrage stellen. Der Ausgang gilt als ungewiss.

Auch von anderer Seite geraten die Brüsseler Gipfel-Beschlüsse ins Wanken: So erklärte der deutsche Bankenverband, der freiwillige Forderungsverzicht der privaten Geldgeber Griechenlands liege bis zu dem Referendum auf Eis.

Der Geschäftsführer des Verbandes, Michael Kemmer, sagte: „Solange das Ergebnis der Volksabstimmung nicht vorliegt, ist auch ein konkretes Angebot der griechischen Regierung für den geplanten Anleihetausch wenig sinnvoll.“ Die Banken stünden aber weiter zu den Vereinbarungen des Euro-Gipfels.

Die Euroländer hatten in der vergangenen Woche unter anderem ein neues 100-Milliarden-Euro-Paket für Athen beschlossen. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer hatten angekündigt, auf die Hälfte ihrer Forderungen zu verzichten.

Anfang 2012 sollten nach dem ursprünglichen Plan alte gegen neue griechische Anleihen getauscht werden.

Etwas Entspannung könnten neue Zahlen aus Athen bringen: Demnach habe Griechenland bis Mitte Dezember keinen akuten Geldbedarf, wie der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus, sagte. Auf die Auszahlung weiterer acht Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket müsse Athen allerdings noch warten.

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