Pannenserie: Verfahren gegen Justiz-Angestellte

NRW-Ministerin straft Mönchengladbacher Behörde ab.

Düsseldorf. Die Zahl der Pannen bei der NRW-Justiz hat in diesem Jahr längst eine zweistellige Größenordnung erreicht, verurteilte Kinderschänder waren wegen schlampiger Arbeit der Staatsanwaltschaft in Mönchengladbach auf freiem Fuß - die Lage war zeitweise so brenzlig, dass die Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) auf Geheiß der Staatskanzlei von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ihren Griechenland-Urlaub unterbrechen musste.

Schnell hatte Müller-Piepenkötter die Zustände in den Justizbehörden von Mönchengladbach als Folge von persönlichen Fehlern sowohl bei Vorgesetzten als vor allem auch bei einfachen Angestellten ausgemacht.

Gegen die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft wird es ein strafrechtliches Verfahren geben. Sie soll Signale einer bereits 2002 installierten Software ignoriert haben, die vor Fristverstreichung warnen sollte. Zudem glich die Mönchengladbacher Behörde offenkundig einem Bermuda-Dreieck.

Denn dort verschwanden Akten - wie zum Beispiel bei einem verurteilten Kinderschänder in zwei Verfahren. Beide Male legte dieser Revision ein, beide Male musste er nicht ins Gefängnis, weil die Unterlagen nicht bei den Gerichten ankamen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Fall vergriff er sich als Fußball-Trainer an zwei Mädchen aus seiner Mannschaft.

Müller-Piepenkötter hatte in einer ersten Reaktion den Leiter der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, Heinrich Frantzen, nach Düsseldorf strafversetzt, um in der Zwischenzeit seine Behördenleitung durch den Düsseldorfer Generalstaatsanwalt und den kommissarischen Leiter in Mönchengladbach überprüfen zu lassen.

Die Prüfung fiel offenkundig nicht positiv für Frantzen aus, dem jetzt ein Disziplinarverfahren ins Haus steht, wie Müller-Piepenkötter ankündigte. Auch gegen eine Staatsanwältin in der Behörde werde es einen solchen arbeitsrechtlichen Schritt geben.

Mit diesen Schritten zieht die Ministerin Verantwortliche aus der zweiten Reihe beziehungsweise abhängig Beschäftigte zur Rechenschaft. Dabei hatte es an ihre Adresse genug Rücktrittsforderungen gegeben. Schließlich hatte sie die Missstände nur zögerlich offenbart.

Nachdem sie zunächst von vier Fällen gesprochen hatte, waren es zwei Wochen später schon zehn. Doch Müller-Piepenkötter, die schon zu Beginn ihrer Amtszeit wegen des Foltermords in dem Siegburger Gefängnis unter Druck stand, lehnte einen Rücktritt ab.

Die SPD erneuerte am Donnerstag ihre Rücktrittsforderung. "Die Ministerin versucht, die Verantwortung abzuwälzen. Aber sie hat persönlich versagt", sagte Fraktionsvize Ralf Jäger.

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