Geheime Absprachen? Zoff bei der AfD: Muss Pretzell um NRW-Spitzenkandidatur bangen?

Und wieder streitet sich die AfD öffentlich. Diesmal richtet sich die Attacke gegen NRW-Parteichef Pretzell. Der hat ohnehin schon schwer zu kämpfen im eigenen Landesverband. Gab es Tricksereien, als er zum Spitzenkandidaten für die NRW-Wahl gekürt wurde?

Die Spitzenkandidatur von Marcus Pretzell für die AfD in NRW wackelt. (Archivfoto)

Die Spitzenkandidatur von Marcus Pretzell für die AfD in NRW wackelt. (Archivfoto)

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Düsseldorf/Berlin. Die AfD kämpft mal wieder mit sich selbst. Auslöser ist ein Bericht über angeblich geheime Absprachen bei der Kür der Listenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden Mai in Nordrhein-Westfalen. „Angesichts der vorliegenden Dokumente vom Listenparteitag scheint fraglich, ob bei der Kandidatenwahl alles mit rechten Dingen zugegangen ist“, poltern der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke und der Vize-Bundesvorsitzende Alexander Gauland in einer gemeinsamen Erklärung. Die Attacke zielt gegen den NRW-Landesparteichef Marcus Pretzell. Seine beiden Widersacher wollen die Listenwahl von einem Schiedsgericht überprüfen lassen.

Pretzell hat auch in seinen eigenen Reihen in NRW einen schweren Stand, der mit rund 4200 Mitgliedern stärkste AfD-Landesverband gilt als zerstritten. „Der Angriff der rechten Achse Höcke-Gauland zielt eindeutig gegen Pretzell und seine Lebensgefährtin, die Bundesvorsitzende Frauke Petry“, sagt der Düsseldorfer Sozialwissenschaftler Alexander Häusler der dpa. Es gehe nicht um inhaltliche, politische Fragen, sondern um Macht. „Hinter der Attacke steht die Frage, wer das Zepter in der Hand hat.“

Pretzell wird in seiner NRW-AfD vom Rechtsaußen-Flügel und dem Co-Vorsitzenden Martin Renner offen und heftig kritisiert, erläutert der Rechtspopulismus-Experte Häusler. Im Landesverband herrschten Chaos und Querelen. Davon zeuge auch das katastrophale Ergebnis für Pretzell bei der Landesversammlung in Soest Anfang September, bei der der 43-Jährige mit nur 54 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt wurde.

Das sei kein „Desaster“, kommentierte Pretzell damals das Ach-und-Krach-Votum. Die Sprecherin der Landespartei, Renate Zillessen, betont auf Anfrage am Donnerstag, der Landesverband stehe hinter Pretzell. Von Spaltung könne nicht die Rede sein. Man müsse nun überlegen, wie mit dem Höcke-Gauland-Vorstoß umzugehen sei, sagt sie - bemüht, den Fall tiefer zu hängen. „Wir sehen keinen Anlass, das Schiedsgericht anzurufen. Es gibt nach bisheriger Aktenlage nichts, was parteirechtlich bedenklich sein könnte.“ Und: „Ich wüsste keinen Grund, warum Marcus Pretzell vom Platz eins der Liste verschwinden sollte.“

Die Äußerungen in einer geschlossenen „Whatsapp“-Gruppe - Anlass für die Reaktion von Höcke und Gauland - seien „flapsige Kommentare“. Es habe aber keinen Versuch gegeben, auf die Listenwahl Einfluss zu nehmen. Der „Stern“ hatte aus den geheimen Chats einer geschlossenen AfD-Gruppe zitiert. Darin wird etwa der Klever Kreisvorsitzende mit den Worten wiedergegeben: „Was rennen bei uns nur für Vollpfosten rum. Es ist wirklich unglaublich. (...) Was haben wir nur für Pappnasen in der Partei.“ Dem „Stern“-Bericht zufolge versuchte die - Pretzell unterstützende - Chat-Gruppe, die Liste „exakt nach ihren Vorstellungen zu besetzen“.

Experte Häusler weiß, dass es schon nach der Listenwahl in Soest Zweifel an einem ordnungsgemäßen Wahlablauf gab. „Die Zweifel wurden innerparteilich geäußert, aus Kreisen der AfD selbst.“ Laut „FAZ“ schildert nun zudem ein Mitglied der Zählkommission, er habe fünf in einer Wahlurne vergessene Stimmzettel vernichtet.

Bisher sind 22 Listenplätze für die Landtagswahl besetzt, es sollen noch weitere Kandidaten gewählt werden. Die NRW-AfD kommt nach jüngsten Umfragen von Ende Oktober auf eine gesunkene Zustimmung von noch 9 Prozent. „Die AfD gibt im Vorfeld der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kein gutes Bild ab“, sagt Häusler. Sie sei auch vergleichsweise schwach aufgestellt. Allerdings gelte auch: „Im Grunde können die sich bei der AfD benehmen wie sie wollen, solange sie populistisch sind und sich als Protestpartei anbieten, haben sie Zulauf.“

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