Zittern um CO-Pipeline geht weiter

Ob Covestro giftiges CO durchs Land schicken darf, ist noch offen. Der Entschluss der Bezirksregierung ist bereits überfällig.

Zittern um CO-Pipeline geht weiter
Foto: Horst Ossinger

Düsseldorf. Seit über zehn Jahren wartet die Bayer-Tochter Covestro darauf, die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Krefeld in Betrieb nehmen zu dürfen. Das aber darf sie aus zwei Gründen noch nicht: Zum einen gilt es, das noch laufende Gerichtsverfahren abzuwarten, zum anderen steht noch eine Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf zu einem Planänderungsantrag aus. Die sollte eigentlich im dritten Quartal dieses Jahres fallen. Die Kläger, Anwohner und enteignete Grundstückseigentümer entlang der Pipeline, hoffen hingegen derweil noch immer darauf, dass am Ende doch kein hochgiftiges CO durch die Leitung fließt. Aber noch ist diese Zitterpartie für beide Seiten nicht beendet.

Zittern um CO-Pipeline geht weiter
Foto: Rolf Vennenbernd

Barbara Steffens, Sprecherin für Umwelt- und Verbraucherschutz der Landtagsfraktion der Grünen, hat für den nächsten Umweltausschuss im November einen Sachstandsbericht zur CO-Pipeline beantragt. Unter anderem soll dann die Frage geklärt werden, ob die durch das Innenministerium formulierten Anforderungen bezüglich der veränderten Sicherheitslage und die erhöhte Gefahr durch Terroranschläge in dem aktuellen Änderungsverfahren berücksichtigt worden sind.

Von der Bezirksregierung heißt es indes: Wann der Planänderungsbeschluss erstellt sein wird, lasse sich derzeit noch nicht sagen. Covestro hat die Pipeline bereits gebaut, mit etwa 80 Abweichungen vom ursprünglichen Plan. Sollte die Bezirksregierung gegen den geänderten Antrag stimmen, könnte Covestro zu Rückbaumaßnahmen gezwungen sein.

Gegen den Plan prozessieren seit 2007 einige Grundstückseigentümer. Sie wurden auf Grundlage des 2006 einstimmig vom Landtag verabschiedeten „Rohrleitungsgesetzes“ enteignet, damit die Pipeline gebaut werden konnte (siehe Kasten).

Hatte der letzte NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sich noch als Gegner der Pipeline positioniert (zumindest im Landtagswahlkampf, wie einige Kritiker bemerkten), ist von der neuen Landesregierung keine Initiative zur Verhinderung der Inbetriebnahme zu erwarten. Die neue Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hat sich auf Anfrage noch nicht zu diesem Thema geäußert. Die CDU-Landtagsfraktion äußert sich nur knapp: „Wir werden das Rohrleitungsgesetz vorerst nicht überprüfen, da wir die juristische Auseinandersetzung vor dem OVG Münster abwarten“, sagt ein Sprecher.

Von der FDP-Fraktion heißt es: „Die Koalition von CDU und FDP will Nordrhein-Westfalen als Wirtschafts- und Industriestandort stärken, denn davon sind die Chancen unserer Bürgerinnen und Bürger auf Wohlstand und Arbeitsplätze abhängig. Für einen zukunftsfähigen Standort sind auch Infrastrukturmaßnahmen notwendig.“

Die SPD will die Entscheidung des OVG abwarten, hält aber eine Gesetzesnovelle für nicht erforderlich. Die Grünen indes erklären: „Wir halten die Inbetriebnahme der Kohlenmonoxid-Rohrleitung durch dicht besiedelte Bebauung für nicht verantwortbar. Eine solche Anlage, die im freien Gelände leicht zugänglich ist und nicht geschützt werden kann, stellt ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar.“ Weiter heißt es: „Für uns Grüne ist klar, dass das Rohrleitungsgesetz in seiner jetzigen Form nicht mehr zeitgemäß ist. Die Landesregierung muss dringend eine Reform angehen.“

Nicht nur die tödlichen Gefahren im Falle eines Rohrbruchs besorgen die Unterstützer der Initiative „Stopp CO-Pipeline“: „Unsere Grundstücke, für viele die Altersvorsorge, verlieren jetzt schon an Wert durch die Pipeline“, erklärt Wolfgang Cüppers. „Niemand möchte in der Todeszone leben.“ Den Begriff Todeszone hatte der Kreis Mettmann in einem Gutachten benutzt.

Der Kreis unterstützt die klagenden Bürger. Sollte es zu einem Bruch der 1,8 Meter unter der Erde liegenden Leitung kommen, könnten Gutachten zufolge Tausende Menschen binnen Minuten durch das geruchslose Gas sterben.

Covestro beharrt derweil auf die Unverzichtbarkeit der Pipeline für den Standort Krefeld und die dortige Kunststoffproduktion und beteuert die Sicherheit der Pipeline. Sie sei mit dem 15-fachen des späteren Betriebsdrucks getestet worden. Derzeit gebe es in Krefeld zwar eine lokale CO-Produktion — um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche man aber den Anschluss an die moderne Anlage in Dormagen, welche auch das Werk in Leverkusen versorgt. Durch die bisherige Wartezeit seien dem Unternehmen Kosten im zweistelligen Millionenbereich entstanden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort