Walter-Borjans im Interview: Die Schuldenbremse im Blick

NRW-Finanzminister Walter-Borjans zum Landesetat 2012, zu Sparmöglichkeiten und zur Zukunft der WestLB.

Herr Walter-Borjans, Sie bringen am Mittwoch den NRW-Etat 2012 ein. Was sind die Rahmendaten?

Walter-Borjans: Das Volumen beträgt 58,4 Milliarden Euro. Das sind 3,1 Milliarden mehr als in diesem Jahr. Das klingt viel, schafft aber nur wenig Luft, die wir für mehr Kinderbetreuung und den Verzicht auf Studiengebühren nutzen. Der allergrößte Teil besteht aus Zuwächsen, die wir gar nicht beeinflussen können wie Tarif- und Pensionssteigerungen oder die Weiterleitung von Steuermehreinnahmen an die Kommunen. Bei den Einnahmen erwarte ich, dass sie um 2,9 Milliarden höher ausfallen als in diesem Jahr. Die Neuverschuldung liegt dann unter vier Milliarden Euro.

Warum machen Sie weiter Schulden? Andere Länder wie etwa Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern kommen längst ohne aus.

Walter-Borjans: Die ostdeutschen Länder profitieren — neben ihren eigenen Konsolidierungsanstrengungen — natürlich auch von dem Geld, das die West-Länder zahlen. Und im Vergleich zu Bayern hatte NRW einen enormen Strukturwandel zu bewältigen. Die Technologie, aber auch der Kreativsektor, hat sich in NRW stark nach vorne entwickelt, die Ausbildung der Menschen hat damit in Teilen nicht immer Schritt gehalten. Deshalb müssen wir dringend in die Bereiche Bildung und Qualifizierung investieren.

Wann schafft NRW es, die Neuverschuldung auf Null zu fahren?

Walter-Borjans: Wir gehen das schrittweise an: Im Jahr 2015 sieht unsere mittelfristige Finanzplanung eine Neuverschuldung von unter drei Milliarden Euro vor, im Jahr 2017 soll sie unter zwei Milliarden liegen, im Jahr 2020 wollen wir die Null-Neuverschuldung schaffen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Walter-Borjans: Indem wir dort sparen, wo noch Luft ist. Die ist allerdings sehr dünn. Ohne Verzicht auf Qualität wird Sparen beim Staat nicht gehen. Deswegen brauchen wir auch stabile Einnahmen. Etwa indem wir dafür sorgen, dass die Wirtschaft weiter gut läuft. Auch durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Und indem wir in Bildung und Betreuung investieren, um mittelfristig die sozialen Folgekosten zu senken.

Mit 40 Prozent sind die Personalkosten der dickste Brocken. Was machen Sie in dem Bereich?

Walter-Borjans: Von den 300 000 Landesbediensteten sind etwa die Hälfte Lehrer, mehr als 50 000 arbeiten als Polizisten. Dazu kommen über 55 000 bei Finanzämtern und Justizbehörden. Überall dort heißt es: Da dürft ihr nicht sparen. Wir loten jetzt aus, wo zum Beispiel die Tatsache Freiräume schafft, dass wir weniger und älter werden. Allerdings gilt für diese Legislaturperiode unsere Zusage, dass wir sinkende Schülerzahlen nicht zum Abbau von Lehrerstellen, sondern zu einer besseren Unterrichtsversorgung nutzen. Da haben wir absoluten Nachholbedarf.

Wann liegen Ihre Sparvorschläge vor?

Walter-Borjans: Im Frühjahr.

Eine große Unbekannte sind die Kosten, die das Land als Mehrheitseigentümer bei der WestLB erwartet. Welche Vorsorge haben Sie getroffen?

Walter-Borjans: Bei der Ersten Abwicklungsanstalt, die die faulen Papiere der WestLB aufgenommen hat, reicht wohl auch im kommenden Jahr das bestehende Sondervermögen in Höhe von zuletzt rund einer Milliarde Euro, um die Risiken zu bewältigen. Andernfalls werde ich entweder eine Ergänzungsvorlage oder einen Nachtragshaushalt einbringen. Das gilt auch für etwaige Verpflichtungen für die sogenannte RestLB. Bisher steht jedoch nicht fest, wann und in welchen Tranchen wir unseren Teil des Eigenkapitals einzahlen müssen. Deshalb ist das schlicht nicht etatreif.

Der Verkauf der WestLB-Bestandteile verläuft nur schleppend.

Walter-Borjans: Es ist im Moment kein guter Markt für Bankenverkäufe, aber die Gespräche laufen. Wir arbeiten unter Hochdruck, um die Auflagen der EU-Kommission zu erfüllen. Ich erwarte aber von Brüssel auch, dass wir jetzt nicht für unsere Konsequenz bestraft werden. Die Langsameren machen jetzt wieder die Krise geltend. Das muss die Kommission auch bei uns berücksichtigen.

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