NRW Umfrage: In Amtsstuben leben die Mitarbeiter gefährlich

47,5 Prozent der Befragten geben an, während ihrer Arbeitszeit angegriffen worden zu sein. Ruf nach intelligenten Alarmsystemen.

Die Kampagne von angegriffen.info fordert mehr Schutz für die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst.

Die Kampagne von angegriffen.info fordert mehr Schutz für die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst.

Foto: Screenshot

Düsseldorf. Fast die Hälfte der im öffentlichen Dienst Beschäftigten sind während ihrer Arbeitszeit angegriffen worden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (DBB Jugend NRW). Bislang gibt es keine Statistik, die übergreifend solche Vorfälle festhält und dokumentiert. Für Polizeikräfte gibt es sie schon, deshalb sind sie nicht in der Umfrage enthalten.

Mit dem Start ihrer Kampagnenseite „angegriffen.info“ hat die DBB Jugend NRW vier Wochen lang Beiträge von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes gesammelt. Mehr als 640 Beiträge sind dabei zusammengekommen. Fazit: 47,5 Prozent der Befragten gaben an, selbst bereits mehrfach Opfer von Übergriffen am Arbeitsplatz geworden zu sein. 30 Prozent haben laut Umfrage einmal einen Angriff im Dienst erlebt. Lediglich 22,5 Prozent geben an, noch nie selbst zum Opfer geworden zu sein.

DBB Jugend NRW fordert mehr Rückhalt von Behördenleitern „Das belegt, wie dringend der Handlungsbedarf ist“, sagte der Vorsitzende der DBB Jugend NRW, Jano Hillnhütter, der das Ergebnis als „schockierend“ bezeichnete. „Weder die Arbeitgeber noch die Politik dürfen hier weiter wegschauen“, betonte Hillnhütter. Zudem haben viele Beschäftigte, etwa aus Arbeits- und Sozialämtern, aber auch Unikliniken oder Rettungsdiensten laut Hillnhütter oftmals nicht den gewünschten Rückhalt bei ihren Vorgesetzten, wenn sie verbale oder körperliche Attacken zur Anzeige bringen wollen.

An diesem Punkt setzt eine zentrale Forderung der DBB Jugend NRW ein. „Das Wichtigste überhaupt ist, dass sich die Behördenleiter hinter ihre Mitarbeiter stellen“, sagte Geschäftsstellenleiter Markus Klügel. Das verhindere zwar keine Attacke, wäre aber aus psychologischer Sicht positiv. Klügel: „Dann fühlen sich die Mitarbeiter wenigstens nicht alleine gelassen.“

Eine weitere Forderung der DBB Jugend NRW ist die Einführung von funktionierenden Alarmsystemen. „In manchen Behörden gibt es gar keine, in anderen sind sie vorhanden, funktionieren aber nicht, und in weiteren können sie eingesetzt werden, aber viele wissen nicht wie“, beschrieb Klügel das Dilemma in den Amtsstuben in Nordrhein-Westfalen.

Er sieht „intelligente Alarmsysteme“ als beste Lösung an. Was nütze schon ein Knopfdruck, der nur bedeutet, ein Mitarbeiter hat Probleme? Klügel erinnerte in diesem Zusammenhang an eine Geiselnahme in Aachen, die im September 2007 in einem Jobcenter stattgefunden hatte. Dabei sei ein Alarmknopf gedrückt worden, der Mitarbeiter, die zur Hilfe eilen wollten, dem Geiselnehmer in die Arme getrieben hatte. „Wir brauchen eine Unterscheidung, die heißt, bitte helft mir — oder bringt euch in Sicherheit und ruft die Polizei“, erläuterte Klügel seine Vorstellung von einer idealen Lösung.

Woran es in den Amtsstuben ebenfalls hapere, seien regelmäßige Deeskalationstrainings für die Mitarbeiter. „Anti-Gewalt-Trainings gibt es alle ein oder zwei Jahre, das reicht nicht“, sagte Klügel.

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