Sanduhren für Kurzparker: Land verbietet, Gericht kippt Verbot

Sanduhren für Kurzparker? Was sich charmant einfach anhört, ist rechtlich nicht ohne Tücken. In Nordrhein-Westfalen soll es das jedenfalls nicht geben, sagt das Land. Andernorts kommen Kommunen gut damit zurecht.

Im Streit um die Einführung von Parksanduhren in Datteln hat ein Verwaltungsgericht ein Verbot der Kommunalaufsicht aus formalen Gründen aufgehoben. (Symbolfoto)

Im Streit um die Einführung von Parksanduhren in Datteln hat ein Verwaltungsgericht ein Verbot der Kommunalaufsicht aus formalen Gründen aufgehoben. (Symbolfoto)

Foto: Sebastian Gollnow

Gelsenkirchen/Datteln. Mal eben Brötchen kaufen oder einen Brief abgeben: Für Autofahrer ist es oft lästig, für kleinere Erledigungen extra einen Parkschein ziehen zu müssen. In Datteln im nördlichen Ruhrgebiet beschloss der Rat daher vor zwei Jahren, sogenannte Parksanduhren einzuführen. Auf gebührenpflichtigen Parkplätzen sollten sie zehn Minuten kostenfreies Parken erlauben - ähnlich wie in Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg, wo Autofahrer seit fast fünf Jahren mit solchen Uhren kostenfrei kurzparken dürfen.

Nix da, sagten jedoch die übergeordneten Behörden in Nordrhein-Westfalen, und der Landkreis Recklinghausen als Kommunalaufsicht kassierte den Ratsbeschluss. Die Stadt klagte - und erzielte am Montag einen Teilerfolg: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hob das Verbot aus formalen Gründen auf. Es sei unzureichend begründet worden, urteilte das Gericht.

Das Land Nordrhein-Westfalen hält eine solche Uhr für rechtswidrig, weil sie in Paragraf 13 der Straßenverkehrs-Ordnung nicht vorgesehen ist. Außerdem sei eine Ungleichbehandlung Auswärtiger zu befürchten - schließlich haben Besucher von außerhalb gewöhnlich keine Sanduhr im Wagen. Im Juli 2016 beschloss der Stadtrat dennoch, gegen das Verbot zu klagen.

Der Kreis habe bei seiner Entscheidung einen Ermessensspielraum gehabt, so das Gericht. Das habe der Kreis aber nicht gesehen. Der Aufhebungsbescheid enthalte keine Ermessenserwägungen, daher sei er aufzuheben. Bei der Anwendung des Aufhebungsrechts müsse sich die Kommunalaufsicht Gedanken machen, ob sie überhaupt einschreite, sagte der Vorsitzende Richter Albert Lohmann.

Zu der Frage, ob Parksanduhren grundsätzlich zulässig sind, traf das Gericht keine Entscheidung. In der mündlichen Verhandlung hatte die Kammer zuvor allerdings eine Vereinbarkeit von Parksanduhren mit der Straßenverkehrsordnung als „schwierig“ bezeichnet. Gleichzeitig ließ sie eine gewisse Sympathie für die Regelung erkennen. Einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes sah die Kammer nicht.

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Vertreter der Stadt und des beklagten Landkreises Recklinghausen erklärten, zunächst die Urteilsbegründung abwarten zu wollen. Der Kreis könnte etwa gegen das Urteil Berufung einlegen oder einen neuen, diesmal gültigen Aufhebungsbeschluss erlassen.

In Kirchheim unter Teck dürfen Autofahrer bereits seit fast fünf Jahren mit einer Acht-Minuten-Sanduhr kostenfrei parken. „Die Parksanduhr wird sehr positiv aufgenommen, da sie sehr unkompliziert einzusetzen ist“, sagte Dennis Koep von der Stadtverwaltung. Sie wird mit einem Saugnapf im Fahrzeug-Innenraum an einer Scheibe befestigt. Zur Verbreitung habe vor allem eine kostenlose Abgabe als Werbemaßnahme der Einzelhändler beigetragen. Jetzt kosten die Uhren zwei Euro. Parksanduhren gibt es auch in den bayerischen Städten Volkach und Bad Windsheim. Im sächsischen Mittweida wurden sie schon vor zwei Jahren wieder abgeschafft - wegen rechtlicher Bedenken. Allerdings gibt es dort jetzt „Brötchentasten“ an den Parkautomaten.

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