NRW Sami A.: Stamp hat „schnell und diskret“ abgeschoben

Der NRW-Flüchtlingsminister (FDP) will Recht eingehalten haben. Das Bamf habe nicht informiert werden müssen. Die Opposition tobt.

 Joachim Stamp (FDP, l), Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und Stellvertretender Ministerpräsident, und Peter Biesenbach (CDU, r), Justizminister des Landes Nordrhein Westfalen, warten auf den Beginn der Sitzung.

Joachim Stamp (FDP, l), Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und Stellvertretender Ministerpräsident, und Peter Biesenbach (CDU, r), Justizminister des Landes Nordrhein Westfalen, warten auf den Beginn der Sitzung.

Foto: Federico Gambarini

Düsseldorf. Die eilige und umstrittene Abschiebung des islamistischen Gefährders Sami A. nach Tunesien ist aus Sicht der Landesregierung Nordrhein-Westfalens rechtmäßig abgelaufen. „Die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung lagen vollständig vor“, Sami A. sei „vollziehbar ausreisepflichtig“ gewesen, sagte NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) am Freitag in einer gemeinsamen Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses im Düsseldorfer Landtag. Stamp übernahm die „volle Verantwortung“ für den Ablauf der Abschiebung des mutmaßlichen Ex-Leibwächters des getöteten Al Kaida-Chefs Bin Ladens und machte offen deutlich, dass das NRW-Flüchtlingsministerium (MKFFI) ein Zeitfenster aktiv genutzt habe, in der die Abschiebung rechtlich möglich gewesen sei.

Dabei half dem MKFFI, dass Sami A. eine einstweilige Anordnung gegen die Abschiebung ungenutzt hatte verstreichen lassen. Nach „Gesprächen mit tunesischen Behörden“ habe er entschieden, so Stamp, Sami A. so „schnell und diskret“ wie möglich abzuschieben und dafür ausschließlich mit jenen Stellen zu sprechen, „die zwingend von mir informiert werden mussten“ — auch, weil es „ständig zu Durchstechereien“ komme. Zu einer Information an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sei Stamp „nicht verpflichtet“, außerdem sei das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen „nicht unser Gesprächspartner“ gewesen. Man habe deshalb von einem bevorstehenden Urteil des Verwaltungsgerichts nichts gewusst, so Stamp.

Sami A. war am Freitag vergangener Woche abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden hatte, dass dies nicht zulässig sei. Aus Sicht der Richter sei nicht auszuschließen, dass Sami A. in Tunesien gefoltert wird. Das Gericht übermittelte den Beschluss aber erst am Freitagmorgen, als Sami A. schon an Bord der Maschine nach Tunesien war.

Eine Möglichkeit, die Auslieferung nach Kenntnis des Gerichtsurteils zu stoppen, sah Stamp nicht: Er sei davon ausgegangen, „dass es keine Möglichkeit mehr gibt, den Vorgang zu stoppen.“ Auch dafür übernehme er die volle Verantwortung. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) forderte, das Urteil des Oberverwaltungsgericht Münster abzuwarten. Die Stadt Bochum hatte am vergangenen Mittwoch Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zur Rückholung von Sami A. eingelegt, die wird demnächst vor dem OVG Münster verhandelt.

Die Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen warfen der Regierung vor, die Gewaltenteilung verletzt zu haben. „Dass er abgeschoben wird, ist richtig. Das muss man dann aber auch richtig machen“, sagte der Vizevorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Sven Wolf, der in dieser Sache Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gestellt hatte. Wenn Sami A. nun zurückgeholt werden müsse und erneut jahrelang nicht abgeschoben werden könnte, hätte Stamp „unserem Land einen Bärendienst erwiesen“. Stamp erwiderte, Wolf solle doch auch Anzeige gegen ihn stellen. Wenn der Verdacht der Selbstjustiz im Raum stehe, müssten Gerichte das klären.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort