Rüttgers-Buch gegen die Krise

Zehn Autoren fordern neue Spielregeln für eine neue Wirtschaftsordnung.

Düsseldorf. Die derzeitige Weltwirtschaftskrise betrifft uns alle. Und deshalb trifft eine Frage den Nerv der Zeit ganz besonders: "Wer zahlt die Zeche?" NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat diese Frage gestellt und versucht, sie in einem Buch zu beantworten - gemeinsam mit neun weiteren prominenten Experten aus Politik, Wirtschaft, Medien und der Kirche.

Die Antwort auf die im Buchtitel aufgeworfene Frage - dies sei vorweggenommen - ergibt sich von selbst: Die Zeche für den Turbokapitalismus müssen letztlich die Bürger zahlen. Das sagt auch Rüttgers ganz klar, ebenso wie die übrigen Autoren.

Was das Buch dennoch zu einem ganz besonderen macht, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert gestern bei dessen Vorstellung in Düsseldorf betonte, sind die Gedanken der Autoren zum Untertitel des Buches - "Wege aus der Krise". Und auch ihre Ansichten, wie es dazu gekommen ist.

Metro-Chef Eckhard Cordes, Geschichtsprofessor Paul Nolte, Soziologie-Professor und Chef des Max-Planck-Instituts Wolfgang Streeck, aber auch Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub, WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach sowie die Publizisten Alexander Gauland und Klaus Harpprecht sowie - in seinem letzten veröffentlichten Beitrag! - der kürzlich verstorbene Soziologe Lord RalfDahrendorf, zeigen in ihren Essays facettenreich, aber eindeutig: Wir brauchen neue Spielregeln für die Weltwirtschaftsordnung.

"Das Buch löst die Probleme der Wirtschaftskrise nicht, aber es ist ein erster und vor allem ernstzunehmender Versuch, sich damit auseinanderzusetzen", sagte Bundestagspräsident Lammert. Vor allem verdeutliche Rüttgers’ Buch, dass die Krise letztlich durch ungezügelten Materialismus und überbordenden Individualismus entstanden sei, indem sich die Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft abgekoppelt habe: "Was da stattgefunden hat, war keine Wertschöpfung, sondern eingebildete Wertschöpfung. Und die hat nur so lange gehalten wie die Einbildung", sagte Lammert.

Der verstorbene Lord Dahrendorf beschreibt dies in seinem Essay so: "Es wurde nicht nur mit Geld Geld verdient, sondern dies geschah mit geborgtem Geld." Ein Zustand, den Dahrendorf "Pumpkapitalismus" nennt, in dessen Folge "viele Sitten des ehrbaren Kaufmanns und des guten Haushaltens über Bord" gingen - zugunsten einer "Verrohung der Wertschöpfung ohne Wert".

Für Jürgen Rüttgers ist die entscheidende Frage: "Wie halten wir den Staat handlungsfähig - und wer trägt die Schuld an der aktuellen Situation?" Diese Debatte müsse geführt werden. Jedoch nicht wegen persönlicher Schuldzuweisungen, sondern um aus diesen Erfahrungen lernen zu können. Dazu zähle auch, dass man erkenne, dass der 15. September, der Tag des Zusammenbruchs der Lehman-Bank, eben nicht der Beginn der Krise gewesen sei. "Man konnte schon vorhersehen, dass der Turbokapitalismus scheitern würde, scheitern musste." Rüttgers’ Weg aus der Krise: "Wir brauchen jetzt die Rückkehr zur Sozialen Marktwirtschaft. Sie ist die Grundlage für ein neues Wirtschaftswunder", schreibt er in seinem Essay. Überschrift: "Wir schaffen das!"

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