Rot misstraut Tiefrot

Vor den Gesprächen mit der Linkspartei überwiegt bei der SPD die Skepsis.

Düsseldorf. Voraussichtlich an diesem Donnerstag wollen SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen ein Sondierungsgespräch mit der Linkspartei über die Bildung einer Regierungskoalition führen. Das wird eine schwierige Operation, hatte doch SPD-Landeschefin Hannelore Kraft geradezu wie ein Mantra vor der Wahl am 9. Mai wiederholt, die Linken in NRW seien "weder koalitions- noch regierungsfähig".

Die Ausgangslage ist klar: Die Grünen favorisieren Rot-Rot-Grün, weil es eigentlich die einzige Regierungsoption ist - ein schwarz-gelb-grünes Bündnis ("Jamaika") hatten sie per Parteitagsbeschluss ausdrücklich ausgeschlossen. Doch die SPD steht den Linken unverändert skeptisch gegenüber. Die Gründe:

Von den elf Landtagsabgeordneten der Linken gehören sieben parteiinternen Strömungen an, die vom Landesverfassungsschutz beobachtet werden. "Antikapitalistische Linke" oder "Sozialistische Linke" heißen die Formationen, die für die Verfassungsschützer zumindest unter dem Verdacht stehen, eine andere Gesellschaftsordnung als die im Grundgesetz verankerte zu favorisieren. Die Co-Fraktionschefin Bärbel Beuermann wird zum Beispiel der Richtung "Sozialistische Linke" zugerechnet, die die DDR als "legitimen Versuch" bezeichnet.

Das scheint der wunde Punkt bei einigen der Landtagsabgeordneten zu sein. Zum Beispiel Gunhild Böth. Die 58-jährige Lehrerin am Johannes-Rau-Gymnasium in Wuppertal, verteidigte gegenüber der ARD in einem Beitrag die DDR. "Wenn man sich anguckt, aus welchen Trümmern und unter welchen Reparationszahlungen sie eine neue Republik aufgebaut haben, finde ich das sehr beeindruckend", sagte sie in dem Beitrag. Gegenüber unserer Zeitung sagte sie nun: "Ich fand die Mauer und den Anspruch der SED auf die einzige Wahrheit immer schon falsch." Böth gilt als Kandidatin der Linken für den Posten einer Landtagsvizepräsidentin.

Die Linken aus der neuen Landtagsfraktion haben in den Gesprächen mit SPD und Grünen nur ein begrenztes Mandat. Sollte die Sondierung in dieser Woche erfolgreich sein, müsste schon am Wochenende ein Parteitag über die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen beschließen. Vor allem: Selbst, wenn die am Ende erfolgreich sein sollten, muss die Basis der Partei über das ausgehandelte Papier abstimmen - also 8000 Linksparteimitglieder, von denen viele noch deutlich radikaler denken als die Partei- und Fraktionsführung.

Die Stimmung an der Basis der SPD wiederum ist vor Aufnahme der Gespräche mit der Linkspartei gespalten. Ein Drittel der Mitglieder ist gegen Rot-Rot-Grün, ein Drittel gegen die Ampel (SPD-FDP-Grüne) und ein Drittel gegen eine Große Koalition (also ein Bündnis mit der CDU), sagte am Montag ein Abgeordneter aus Duisburg. Diese Stimmungslage kennt auch Hannelore Kraft.

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