NRW Politik: Die Taser kommen wohl — nur nicht jetzt

Der NRW-Innenausschuss beschäftigte sich mit Ausrüstung und Belastung bei der Polizei.

NRW: Politik: Die Taser kommen wohl — nur nicht jetzt
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Düsseldorf. Die Belastung, Aufstellung und Ausrüstung der Polizei in NRW ist im Innenausschuss des Landtages kurz vor der Wahl ein brennendes Thema. Sind die ländlichen Regionen unterversorgt mit Beamten? Brauchen die Polizisten Elektroschocker? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die zuständigen Landespolitiker am Donnerstag abschließend.

Taser: Auf Antrag der FDP-Fraktion (unsere Zeitung berichtete) nahmen im Februar Experten Stellung zu der Frage, ob im Streifendienst in NRW Elektroschockpistolen — auch Taser genannt — erprobt werden sollen. Das Votum war ein deutliches Ja. „Es wäre sträflich, wenn wir es nicht tun würden“, erklärte am Donnerstag Marc Lürbke von den Liberalen. In immer raueren Zeiten schütze dieses Einsatzmittel die Beamten — könne aber möglicherweise auch den folgenschwereren Gebrauch der Schusswaffe verhindern. Theo Kruse (CDU) nannte die Argumente der Fachleute „überzeugend“ — die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer indes blieb „sehr skeptisch“.

Der Antrag komme „zur Unzeit“, sagte SPD-Mann Thomas Stotko — und meinte damit angeblich nicht die anstehende Wahl, sondern dass der Antrag noch nicht ausgegoren sei. Er sehe gute Chancen aber für einen neuen, dann überfraktionellen Anlauf in der kommenden Legislaturperiode: „Ein deutlicheres Signal kann ich nicht geben.“ Das stimmt auch Arnold Plickert, Chef der Polizeigewerkschaft GdP in NRW, „optimistisch“. Da andere Länder bereits Probeläufe angestoßen hätten, hoffe er auf und glaube an einen „Domino-Effekt“ für Nordrhein-Westfalen. Piraten, Grüne und SPD lehnten den Antrag am Donnerstag ab.

Polizei auf dem Land: Während die Großstädte mit Kriminalitätsbrennpunkten in den vergangenen Jahren ein Plus an Polizisten verzeichneten, verloren kleinere Behörden in ländlichen Regionen zum Teil drastisch Personal. Deshalb wollte die CDU erreichen, dass nicht nur die Kriminalitätsbelastung, sondern auch die abzudeckende Fläche ein Faktor bei der Zuweisung von Beamten ist — auch darüber berichtete unsere Zeitung. Die SPD ihrerseits fürchtet, dass ein solcher Flächenansatz zu einer gewaltigen Stellenverschiebung führen würde, zu Lasten von Brennpunkten. Die Sozialdemokraten und die Grünen lehnten den Antrag ab, die Piraten enthielten sich.

Plickert hofft, dass das Thema damit nicht beerdigt ist: „Manche Landratsbehörden sind echt am Limit.“ In einem ersten Schritt müsse daher die Grundsicherung dieser Regionen verändert, in einem zweiten Schritt dann eine neue Verteilung der Polizisten im Land geregelt werden. „Das ist äußerst schwierig“, sagt er. In jedem Fall brauche es die von der jetzigen Landesregierung zugesagten 2300 Neueinstellungen pro Jahr — denn verteilen könne man eben nur Beamte, die man auch habe.

Überstundenberge: 1,9 Millionen Überstunden haben die NRW-Polizisten allein im vergangenen Jahr neu geleistet. Auch in den Gefängnissen haben sich 450 000 Mehrarbeitsstunden angehäuft. Gerade diese immer neuen Schippen auf den Überstundenberg sind der Landesregierung ein Dorn im Auge. Deshalb gibt es eine Verjährungsfrist für Stunden, die ab 2015 angefallen sind: Dezember 2018. Wie das Innenministerium im Ausschuss erklärte, soll so Druck auf den Dienstherrn ausgeübt werden, den Beamten einen Freizeitausgleich zu bieten oder Stunden auszuzahlen. Die FDP indes beantragte, die Überstunden vor dem Verfall zu schützen.

Das Problem laut GdP-Mann Plickert: Das automatische Erfassungssystem der Polizei löscht bei einem Freizeitausgleich automatisch ältere, also geschützte Überstunden. „Wir haben deshalb schon Sorge, dass Mehrarbeit verfällt.“ Den Druck der Regierung hält er für verfehlt: „Die Kollegen würden gern öfter freinehmen — können es aber oft nicht.“ Zu groß sein die Belastung. Deshalb plädiert die Gewerkschaft für Lebensarbeitszeitkonten. Im Ausschuss am Donnerstag wurde der FDP-Antrag von Rot-Grün abgelehnt — das Ministerium sagte aber zu, die Entwicklung zu beobachten und gegebenenfalls neu zu bewerten.

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