NRW startet Landesinitiative für faire Arbeit

Nordrhein-Westfalen soll das Land der fairen Arbeit werden. Daran will Rot-Grün sich messen lassen. Promis wie Sportreporter „Manni“ Breuckmann unterstützen die Initiative.

Düsseldorf (dpa). 300 000 Beschäftigte in Nordrhein-Westfalen sind auf Hartz IV angewiesen, obwohl sie teilweise sogar Vollzeit arbeiten. Zusätzlich sind 1,7 Millionen in Minijobs tätig, 200 000 in Leiharbeitsverhältnissen.

Um prekäre Arbeitsverhältnisse einzudämmen, hat die Landesregierung am Mittwoch die Initiative „Faire Arbeit“ gestartet - am „Welttag der sozialen Gerechtigkeit“. Heftigen Gegenwind gab es von der Landesvereinigung der Unternehmensverbände, Unternehmer NRW. Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) rede den Wirtschaftsstandort NRW schlecht, kritisierten sie in einer Mitteilung. Nach Schneiders Angaben arbeitet rund ein Fünftel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in NRW im Niedriglohnbereich.

Die Lohnentwicklung bleibe seit Jahren hinter der wirtschaftlichen Entwicklung zurück. „Nordrhein-Westfalen soll das Land der fairen Arbeit werden. Daran wird sich die Landesregierung in vier Jahren auch messen lassen.“ Die Unternehmerverbände widersprachen der Darstellung.

In den vergangenen sechs Jahren sei die Wirtschaftsleistung in Deutschland um 7 Prozent, die Bruttoentgelte seien aber um fast 20 Prozent geklettert, betonte der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung, Luitwin Mallmann. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in NRW sei seit Mitte 2006 um knapp 500 000 gestiegen - darunter knapp 80 000 Zeitarbeitnehmer.

Angesichts dessen sei es wirklichkeitsfremd, wenn Schneider Nordrhein-Westfalen als „Mutterland des Prekariats“ schildere. Die Landesregierung plant mit ihrer Kampagne Informations- und Diskussionsveranstaltungen, die von Unternehmern, Gewerkschaften sowie bekannten Gesichtern aus Film und Medien unterstützt werden.

Bis zum Sommer soll der frühere Sportreporter Manfred Breuckmann 15 „Marktwirtschaftsgespräche“ moderieren - auf örtlichen Märkten. Neben sozialer Gerechtigkeit gehe es auch darum, „dass man sich nicht verarschen lässt“, erklärte er. Schneider betonte: „Wir wollen niemanden an den Pranger stellen, sondern Unternehmer für den fairen Umgang mit ihren Beschäftigten sensibilisieren.“ Es gehe aber auch darum, Beschäftigte in unsicheren Arbeitsverhältnissen über ihre Rechte aufzuklären. So wüssten viele Minijobber nicht, dass sie Anspruch auf bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben.

Einer Studie zufolge erhielten tatsächlich 40 Prozent der Minijobber keinen bezahlten Urlaub. Auch der in Essen geborene Schauspieler Heinrich Schafmeister will sein bekanntes TV-Gesicht für die Landesinitiative einsetzen. „Wir Schauspieler sind typische Vertreter für prekäre Beschäftigungsverhältnisse“, sagte der Schauspieler-Gewerkschafter. „Wir haben studiert, wir sind Angestellte - aber immer nur auf Zeit.“

Tatsächlich verdienten zwei Drittel der deutschen Schauspieler weniger als 30 000 Euro brutto im Jahr. „Manche verdienen weniger als das Filmtier.“ NRW will außerdem gemeinsam mit Rheinland-Pfalz einen neuen Anlauf für eine Bundesratsinitiative zugunsten von Minijobbern nehmen.

Deren bislang völlig unregulierte Arbeitszeit müsse auf 12 Stunden pro Woche begrenzt werden, sagte Schneider. NRW setze sich im Bundesrat außerdem für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro und faire Bedingungen für Leiharbeit ein. Dies bedeute: „Gleiches Geld für gleiche Arbeit am gleichen Ort.“

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