JVA Ronsdorf Machte Schlamperei in der JVA Ronsdorf Tat möglich?

Der Mann, der einen Häftling im Umschluss erwürgt hat, war schon vorher oft gewalttätig. Angezeigt wurde das nicht immer.

Blick auf die JVA Ronsdorf.

Blick auf die JVA Ronsdorf.

Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. Der 18 Jahre alte Häftling, der vor wenigen Tagen einen 20 Jahre alten Mitgefangenen bei einem Zellenbesuch in der JVA Wuppertal-Ronsdorf zu Tode gewürgt haben soll, war schon zuvor gewalttätig gegenüber Insassen. Das berichtete am Donnerstag der NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) unter Berufung auf die bislang freigegebenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Der Minister sprach angesichts dieser Erkenntnisse und ausgebliebener Anzeigen jener Vorfälle von Versäumnissen der Mitarbeiter in der Justizvollzugsanstalt. Es werde nun disziplinarrechtlich geprüft, ob gegen die zuständigen Mitarbeiter ermittelt wird.

Damit verhält sich der Hintergrund der Tat durchaus anders, als es im Anschluss an die Tat von der JVA Ronsdorf dargestellt worden war. Laut Anstaltsleiterin Katja Grafweg hatte der Täter in einer internen dreistufigen Bewertung die beste Einstufung gehabt. „Für uns gab es keinerlei Veranlassung zu glauben, dass es zu Gewalttätigkeiten kommen könnte“, sagte Grafweg noch am vergangenen Freitag unserer Zeitung.

Die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft sehen anders aus: Der 18-Jährige habe bereits im November vergangenen Jahres einem Mitgefangenen nach einer Freistunde mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die JVA Wuppertal-Ronsdorf habe damals Anzeige erstattet, die Untersuchungen zu diesem Fall dauerten aber noch an, während es zur tragischen Tat ein halbes Jahr später kam. Die war möglich geworden, weil Täter und Opfer sich beim sogenannten Umschluss zusammen zwischen 17 und 20 Uhr in eine Zelle unter vier Augen ohne Aufsicht hatten sperren lassen. Diese sozialen Kontakte der Inhaftierten untereinander seien Teil der Resozialisierung und kämen täglich in den Gefängnissen der Republik tausendfach vor, betonte Kutschaty am Donnerstag.

120 Mal zuvor sei dieser Umschluss für den 18 Jahre alten Täter unauffällig verlaufen, „beim 121. Mal ist dann wohl eine Sicherung durchgebrannt“, sagte Kutschaty. Das Motiv der Tat waren offenbar nicht gezahlte Spielschulden von 40 Euro. Jener Umschluss sei der dritte gemeinsame von Täter und Opfer gewesen. Die Abteilungsbeamten entscheiden täglich aufs Neue, wer mit wem gemeinsam in eine Zelle gesperrt wird. „Das hängt auch von der Tagesform der Inhaftierten ab“, so Kutschaty. Grundsätzlich sei eine „Gemeinschaftsfähigkeit“ des Inhaftierten Voraussetzung.

Bereits in einer vorangegangenen Untersuchungshaft von Februar bis Juli 2015 sei der Mann „mit aggressivem Verhalten aufgefallen“ — und zwar in mehreren Fällen: Bei einer Freistunde soll er einen anderen Insassen im Mai 2015 zu Boden geworfen und kurz gewürgt haben. Es sei ein Versäumnis, dass dieser und zwei weitere Vorfälle jeweils entgegen der Verpflichtungen nicht angezeigt worden seien, sagte Kutschaty am Donnerstag. Ob die JVA Wuppertal bei der erneuten Aufnahme des Mannes im September 2015 wusste, dass es bei seinem vorherigen Aufenthalt im Mai 2015 zu dem Würge-Vorfall gekommen war, müsse noch geklärt werden, sagte Kutschaty. Ob das in diesem Fall zu einer anderen Bewertung seiner Gemeinschaftsfähigkeit hätten führen müssen, sei ebenfalls offen. Das Amtsgericht Wuppertal hat Haftbefehl wegen Totschlagsverdachts erlassen.

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