Interview mit Innenminister Jäger: „Wir brauchen eine Zentrale“

Ralf Jäger, Innenminister in NRW, zu den Konsequenzen aus den Neonazi-Taten.

Herr Jäger, gibt es einen Terrorismus von rechts?

Jäger: Ja, eindeutig. Aus Extremisten sind Terroristen geworden. Das hat alle Sicherheitsbehörden überrascht. Sie haben die Gefahr des Rechtsterrorismus nicht erkannt. Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen.

Es gibt Hinweise, dass die NSU Anschläge auch in NRW verübt hat. Was können Sie heute dazu sagen?

Jäger: Wir gehen derzeit davon aus, dass in NRW mindestens drei Tatorte waren: 2001 der Anschlag in Köln auf einen Lebensmittelladen, 2004 der Anschlag in der Kölner Keupstraße und der Mord an einem türkischen Geschäftsinhaber in Dortmund im Jahr 2006. Aber wir untersuchen auch andere Taten, wie etwa den Anschlag in Düsseldorf-Wehrhahn.

Gab es Hinweise des NRW-Verfassungsschutzes auf die NSU?

Jäger: Die Terrorzelle ist erst durch die gefundene DVD bekanntgeworden. Der Verfassungsschutz geht jetzt wie die Polizei allen Hinweisen erneut nach. Es gibt für uns noch viele Fragen. So endet die menschenverachtende DVD, auf der sich die Mörder mit ihren Taten brüsten, im Jahr 2007.

Hat die NSU danach weitere Anschläge verübt?

Jäger: Das wird sorgfältig überprüft.

Welche Lehren muss die Politik aus den Vorfällen ziehen?

Jäger: Wir brauchen eine bessere bundesweite Zusammenarbeit. Deshalb fordere ich ein bundesweites Terrorabwehrzentrum auch für Rechtsterrorismus. Damit waren wir bei islamistischen Terroristen sehr erfolgreich. Es ist so gelungen, acht Anschläge zu verhindern.

Sie folgen also dem Vorschlag von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich?

Jäger: Minister Friedrich hat erfreulicherweise meinen Vorschlag aufgegriffen.

Es gibt 35 Sicherheitsbehörden. Ist das nicht viel zu viel, müssen die nicht zusammengelegt werden?

Jäger: Ich warne vor einer Mega-Behörde. Sie ist viel weiter von den Problemen weg. Wir müssen die Ergebnisse aber besser verzahnen, dann sind wir gut gerüstet. Das gemeinsame Abwehrzentrum in Berlin gegen islamistischen Terror beweist das.

Der Verfassungsschutz und die rechte Szene — das ist auch Geschichte von Pannen und gravierenden Missständen. Muss nicht die Strategie geändert werden?

Jäger: Wir müssen besser werden im Kampf gegen den Rechtsterrorismus. Dazu brauchen wir eine bessere Kooperation und auch V-Leute, die interne Informationen aus der rechtsextremistischen Szene liefern. Dadurch haben sie viele Straftaten verhindert oder aufgeklärt.

Sind Sie für ein NPD-Verbot?

Jäger: Wenn ein Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolgt hat, werden wir es unterstützen. Die NPD ist eine Brutstätte für extremistisches Gedankengut und ein Nährboden für Gewalt. Ich finde es unerträglich, dass diese Partei von Steuergeldern über die Wahlkampfkostenerstattung finanziert wird.

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